12 Nov Was versteht man unter Risikomanagement?
Das Risikomanagement umfasst alle Maßnahmen zum Umgang mit Risiken. Diese beginnen mit der Einschätzung, der Beurteilung der Wahrscheinlichkeiten und Auswirkungen sowie der Schritte zur Beschränkung dieser zwei Faktoren. Sie können die Eintrittswahrscheinlichkeiten von Ereignissen reduzieren und Vorkehrungen zur Schadensbewältigung treffen.
Was ist Risiko im Unternehmen?
Unter einem Risiko versteht man in diesem Zusammenhang ein nicht sicher vorhersehbares Ereignis mit negativen Auswirkungen auf wirtschaftliche Tätigkeit. Dabei kann es sich um die Lage eines Unternehmens oder auch um den Ertrag von Investitionen handeln. Risiken sind also negative Abweichungen vom Plan und stellen das Gegenteil von Chancen dar.
Zur Behandlung von Risiken geht es um die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses und des von ihm bewirkten Schadens. Als Verantwortungsträger sind diese zwei Beurteilungen Ihre zentrale Aufgabe in der Handhabung von Risiken.
Das Risikomanagement und sein Zweck
Ein Ziel ist Ihr Eigeninteresse für Ihr Unternehmen und seine wirtschaftliche Entwicklung. Als Verantwortungsträger wollen Sie jeden Schaden von Ihrer Firma abwenden. Nicht zuletzt ist ein gutes Risikomanagement die Grundlage für eine positive Unternehmensbewertung, die wiederum für die Kreditbedingungen eine wesentliche Rolle spielt.
Dazu kommen aber auch externe Anforderungen. Neben den Kreditgebern werden solche Bedingungen auch vom Gesetzgeber vorgegeben. In Deutschland müssen Sie zum Jahresabschluss auch einen Risikobericht erstellen.
Besonderheiten der Risiken in einem Unternehmen
Das ganze Leben jedes einzelnen Menschen ist ständig einer großen Zahl von Risiken ausgesetzt. Dementsprechend führt jeder Einzelne ein eigenes Risikomanagement durch. Er behandelt als Risikoträger alle diese Risiken selbst.
In einem Unternehmen als Risikoträger ist das Risikomanagement verteilt. Schlagende Risiken haben Auswirkungen auf den Fortbestand des Unternehmens und damit auf die Eigentümer der Unternehmensanteile. Entscheidungen, Informationsflüsse als Grundlage dazu und Maßnahmen stehen allerdings auch in der Verantwortung von Managern und letztlich allen Mitarbeitern des Unternehmens.
Unterschiede in der Verfügbarkeit von Informationen für das Risikomanagement
In einem einzelnen Unternehmen sind für jede Geschäftstätigkeit Fachleute verfügbar. Sie beherrschen das Fachgebiet im Detail und daher kann auch das Risikomanagement auf diesen Kenntnissen aufbauen. Gerade in einer kleinen Firma sind aber Dinge wie Durchschnittsbildungen wenig aussagekräftig, da die Daten für eine Statistik nicht umfangreich genug sind.
Bei einem Finanzdienstleister wie einer Bank oder einer Versicherung finden Sie die umgekehrte Situation. Unternehmen dieses Typs haben sehr viele Klienten in den verschiedensten Branchen. Die für die Dienstleister darüber verfügbaren Informationen sind dem Umfang und der Zuverlässigkeit nach nicht mit unternehmensinternen Informationen vergleichbar. Diese Situation ermöglicht aber auch besondere Methoden der Risikominimierung wie Diversifikation. So können Sie eine bestimmte Wahrscheinlichkeit des Zahlungsausfalls eines Kunden aus umfangreichen Datensätzen vernünftig bestimmen. Sind diese Kunden unabhängigen Risiken ausgesetzt, ist der Ausfall sehr vieler dieser Kunden sehr unwahrscheinlich.
Die Grundschritte im Risikomanagement
Identifikation
Diesen ersten Schritt können Sie als den wichtigsten ansehen, denn alle weiteren Schritte bauen auf ihm auf. Nur erkannte Risiken können Sie in weiteren Abläufen behandeln und bewältigen.
Es geht also um die systematische Erfassung aller möglichen und denkbaren negativen Auswirkungen auf Ihre Geschäftstätigkeit. Manche Punkte sind konstant, für andere ist eine kontinuierliche Überwachung erforderlich.
Als Beispiel können Sie die Methode FMEA betrachten. Sie wurde als Fehlermöglichkeits– und Einflussanalyse für das Finden von Schwachstellen an Flugzeugen entwickelt. Als ersten Schritt bilden Sie in dieser Art des Risikomanagements ein Team von Fachkräften. Dieses Team beginnt seine Arbeit mit der Eingrenzung und Strukturierung des zu untersuchenden technischen Systems.
Risikoanalyse
Einzelnen Risiken ordnen Sie für eine Risikoanalyse die Ursachen mit den zugehörigen abgeschätzten Eintrittswahrscheinlichkeiten zu. Als zweiten Teil schätzen Sie die Schwere der Auswirkungen ab.
Quantifizierung
Eine solche Quantifizierung können Sie für hinreichend genau beschränkte Risiken ins Auge fassen. Zu den Methoden für diesen Schritt gehört die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Bevor diese jedoch richtig zum Einsatz kommt, geht es zuerst um die erforderlichen Eigenschaften der Risiken. Sind diese unabhängig voneinander? Liegen sehr viele unabhängige Risiken vor, sodass Sie zu deren Beschreibung eine Normalverteilung verwenden können? Darüber hinaus gibt es besondere Verteilungen, die auf die Modellierung von Lebensdauer und von Wartungsintervallen abgestimmt sind.
Unter Aggregation versteht man die Zusammenfassung der Quantifizierung der betrachteten Risiken. Sind diese unabhängig voneinander, können sie einfach addiert werden. Sonst müssen Sie untersuchen, wie diese Risiken miteinander zusammenhängen. Sie können sich gegenseitig verstärken. Es ist aber auch möglich, dass gegenläufige Risiken sich bei gemeinsamem Auftreten abmildern. Das gilt beispielsweise dann, wenn Sie Investitionen halten, die sich üblicherweise oder sogar immer in gegensätzliche Richtungen entwickeln. Steigt der eine Kurs, fällt der andere und umgekehrt.
Eine vielversprechende Methoden ist die Monte-Carlo Simulation. Sie wird dann verwendet, wenn mehrere Risikofaktoren mit unbekanntem Potential für das Gesamtrisiko wirksam werden und diese Gesamtwirkung in einem konkreten Fall berechenbar ist. Der Computer simuliert dann eine große Zahl von Möglichkeiten für die Einzelereignisse und bestimmt daraus das sich ergebende totale Risiko.
Bewältigung und Steuerung des Risikos
Ein wesentlicher Teil davon ist die Kommunikation von Risiken, denn jeder kann nur in Betracht gezogenen Gefahren vorbeugen. Ein Beispiel ist der in den letzten Jahren aufgetretene Fake President Fraud. Dabei wird von Kriminellen eine angeblich vom CEO kommende vertrauliche Mitteilung an über große Summen verfügungsberechtigte Mitarbeiter gefälscht. Ein Mitarbeiter wird damit zu einer entsprechenden Überweisung bewegt und das Geld ist verloren. Ein solcher Betrug funktioniert natürlich wesentlich besser bei Firmenmitgliedern, die noch nie davon gehört haben.
Allgemein können Sie mit passiven Methoden die Risiken nicht verändern, sondern Schritte zu ihrer Bewältigung setzen. Dazu gehören das Überwälzen der Risiken an eine Versicherung, Absicherungsgeschäfte auf Finanzmärkten oder die Vorsorge im Unternehmen. Sie können Rückstellungen oder Liquiditätsreserven bilden. Tritt ein Problemfall ein, sind Sie zur Behebung des Problems besser gerüstet.
Aktive Steuerung des Risikos bedeutet Prävention, sodass ein Problemfall weniger wahrscheinlich eintritt. Der radikalste Schritt zur Risikominderung ist die Vermeidung eines bestimmten Risikos. Sie engagieren sich also nicht in diesem Geschäftsfeld, geben damit aber auch die entsprechenden Chancen auf. Das Risiko eines Schadens sinkt aber ebenso auf Null.
Technische und organisatorische Maßnahmen können Sie in vielen Fällen zur Minderung des Risikos einsetzen. Ein Risiko lässt sich auch in unkorrelierte Einzelrisiken aufspalten und damit vermindern. In bestimmten Fällen können Sie Risiko kompensieren. Sie schließen dazu Geschäfte ab, deren Ergebnisse mit denjenigen des risikobehafteten Geschäfts negativ korreliert sind. Wird das Risiko schlagend, ergibt sich dazu ein zumindest teilweise kompensierender Vorteil.
Die verschiedenen Typen von Risiko
Komplexe Systeme
Dazu gehören das internationale Finanzsystem, größere industrielle Anlagen und große ökologische Systeme sowie heute auch Computersysteme.
Sie enthalten zu viele Einzelteile, als dass alle möglichen Interaktionen beherrschbar oder auch nur überblickbar wären. Oft wird ein solches System stabilisiert und läuft dann längere Zeit ohne größere Probleme. Das führt dazu, dass bestimmte Teile auf ein besseres Endergebnis optimiert werden. Die Auswirkungen mehrerer solcher Schritte sind dann eben auch nicht korrekt vorhersehbar. Die Gefahr auch großer Fehlfunktionen nimmt dann zu und kann zu katastrophalen Schäden führen.
Umweltrisiken
Dazu gehören die Haftung für Schäden an der Umwelt, die durch Ihr Unternehmen verursacht wurden. Neben der Haftung an sich stellt auch der Reputationsverlust ein wesentliches Risiko dar. Dazu können gesundheitliche Schäden an Mitarbeitern oder firmenexternen Personen kommen.
Indirekt bestehen Umweltrisiken aber auch durch geänderte Vorlieben von Kunden aus ökologischen Gründen. Das kann dazu führen, dass die Nachfrage für Ihr Produkt sinkt.
Technische Risiken
Hier handelt es sich um typische Anwendungsfälle für Risikomanagement. Fehlfunktionen von Anlagen können Schäden an ihnen selbst oder auch Produktionsausfälle bewirken.
Wenn die Komplexität des Systems noch beherrschbar ist, können diese Risiken oft im Detail abgeschätzt werden. Dafür stellen Ihnen die Hersteller entsprechende Verfahren zur Verfügung. Die entscheidende Frage ist dann diejenige nach der Leistbarkeit des Aufwands.
Für die Umsetzung der Maßnahmen sollten Sie eine Sicherheitskultur in Ihrem Unternehmen etablieren. Regeln werden viel eher eingehalten, wenn sie den Mitarbeitern klar kommuniziert werden.
Projektmanagement
Leider lauern auch in typischen Managementaufgaben Risiken für Ihr Unternehmen. Unrealistische Zeitpläne und Anforderungen oder schlechtes Management von Human Resources können beträchtliche Risiken bergen. Gerade in diesem Fall können Sie klar erkennen, dass exakte Methoden nicht überall sinnvoll sind. Risikomanagement in einem solchen Fall dreht sich um Psychologie und Organisation.
Risiken in der Versorgungskette
Probleme mit der Versorgung oder auch nur der Verzug von Nachschub notweniger Mittel stellen eine offensichtliche Gefahr für Ihre Produktion dar. Ursachen können technische Probleme beim Transport, geschäftliche Schwierigkeiten der Lieferanten oder einfach Preisänderungen von Zwischengütern sein.
Rechtliche Risiken
Manche solche Risiken wie Haftungen für entstandene Schäden bestehen schon lange und sind entsprechend bekannt. Kritischer sind Risiken, die sich aus gerade beschlossenen Gesetzesänderungen ergeben. Das können typischerweise Bestimmungen über neue Umweltschutzregeln oder Verbote von Diskriminierung sein.
Die Wahrnehmung von Risiken
Sie ist viel stärker von psychologischen Faktoren bestimmt als viele Manager annehmen. Selektive Wahrnehmung blendet bestimmte Risiken aus.
Unmittelbar in Sichtweite eines Damms lebende Menschen schätzen das Risiko eines Dammbruchs niedriger ein als andere, die weiter unten im Tal wohnen. Diese klar unrealistische Einschätzung ergibt sich einfach daraus, dass eine genauere Beurteilung von den Betreffenden als zu belastend empfunden würde.
Psychologische Experimente zeigen, dass Menschen eine Aversion gegen Risiken empfinden. Daraus ergibt sich ein Unbehagen mit der Beschäftigung mit möglichen negativen Szenarien. Das Ergebnis kann sein, dass man sich eine Planbarkeit durch die Vernachlässigung von Risiken einbildet.
Risiken in der Risikoabschätzung
Systematische Methoden wie die FMEA erfordern zuerst eine Eingrenzung des betrachteten Systems. Für eine korrekte und realistische Risikobeurteilung ist aber eine umfassende Betrachtung erforderlich.
Das Festhalten an formellen Methoden kann das Abhaken von Punkten einer Liste bedeuten, was aber keine sinnvolle Einschätzung zur Folge haben muss. Die scheinbar präzisen Ergebnisse sind oft ebenso falsch wie verführerisch.
Je aufwendiger das Verfahren, umso mehr verleitet es zur Überschätzung der Resultate. Sie als Verantwortungsträger müssen nicht alle Einzelheiten der Methode nachvollziehen, sehr wohl aber die Voraussetzungen für ihre Anwendbarkeit kennen.
Ein zufriedenstellendes Risikomanagement für eine Risikominderung erfordert in jedem Fall ein sicheres Urteilsvermögen und eine Motivation für dessen ständige Anwendung. Risikomanagement ist nicht einfach eine Sammlung von Einzelprozessen, sondern eine Unternehmenskultur, an der alle Firmenangehörigen mitwirken.
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