Was ist der Substanzwert?

Was ist der Substanzwert?

Der Substanzwert ist die Summe aller im Besitz eines Unternehmens befindlichen materiellen und immateriellen Sachwerte und besteht im Wesentlichen aus dem Anlage- und Umlaufvermögen. Dazu gehören unter anderem die Immobilien, der Fuhrpark, die Geräte und Maschinen sowie die Waren- und Lagerbestände. Die Werte der einzelnen Bestandteile des Anlage- und Umlaufvermögens entsprechen dabei den möglichen Rekonstruktions– bzwWiederbeschaffungskosten.

Dies bedeutet, dass nicht der ursprünglich bezahlte Kaufpreis als Grundlage für die Bewertung zum Beispiel einer Maschine dient. Ausschließlich der Wert des zukünftig mit ihr zu erzielenden Nutzen unter Berücksichtigung von Alter und Zustand ist entscheidend. Das Substanzwertverfahren ist neben dem Ertragswertverfahren eine der am häufigsten angewandten Methoden für die Bewertung von Unternehmen. Bei einem Unternehmenskauf oder -verkauf sowie bei der Gewährung von Krediten ist der Substanzwert des Unternehmens eines der entscheidenden Kriterien.

 

In der Regel ermittelt man den Substanzwert eines Unternehmens mithilfe einer so genannten Due-Diligence-Prüfung. Bei einer solchen Sorgfaltsprüfung untersucht man das zu betrachtende Unternehmen hinsichtlich seiner wirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Verhältnisse.

 

Bewertung des Vermögens

 

SubstanzwertMan unterscheidet bei der Ermittlung des Substanzwertes zwischen betriebsnotwendigem und nicht betriebsnotwendigem VermögenBetriebsnotwendiges Vermögen sind Sachwerte, die direkt an der Ausübung der Unternehmenstätigkeit beteiligt sind, wie zum Beispiel das Werkzeug einer Schreinerei. Als nicht betriebsnotwendiges Vermögen bezeichnet man hingegen Vermögenswerte, die nicht an der Ausübung der eigentlichen Unternehmenstätigkeit beteiligt sind. Hierzu zählen beispielsweise Gemälde oder Kunstwerke, die sich in den Räumlichkeiten des Betriebes befinden.

 

Für die Bewertung der einzelnen Vermögenswerte sind vor allem der Zustand und das Alter von entscheidender Bedeutung. Diese beiden Komponenten werden durch Abschläge vom möglichen Rekonstruktionsneuwert ausgedrückt. Um die nicht betriebsnotwendigen Vermögenswerte zu bewerten, legt man den zu erzielenden Erlös bei einem Verkauf zugrunde. Bei einem Kunstwerk oder Gemälde ist dies der Marktwert, den ein Kunsthändler bereit ist, zum aktuellen Zeitpunkt für das Werk zu bezahlen.

 

Zu den materiellen Vermögenswerten rechnet man die immateriellen Vermögenswerte wie Marken, Patente, Prozesswissen oder den Kundenstamm hinzu. Verbindlichkeiten wie Darlehen, Kredite oder ausstehende Lieferungen zieht man davon ab. Für eine umfassende Unternehmensbewertung reicht die Ermittlung des Substanzwertes allein oft nicht aus. Es handelt sich um eine rein statische Betrachtung, die zukünftige Entwicklungen des Unternehmens nicht berücksichtigt. Diese fehlende Perspektive liefert der so genannte Ertragswert, der den Unternehmenswert auf Grundlage der für die Zukunft prognostizierten Erträge ausdrückt.

 

Verhältnis von Substanzwert und Ertragswert

 

SubstanzwertMit dem Ertragswertverfahren berechnet man also nicht den Wert der Einzelteile einer Firma, sondern den Mehrwert, der bei ihrem Zusammenspiel entsteht. Heutzutage ist es gängige Praxis, die beiden Bewertungsverfahren zu kombinieren, um einen möglichst realistischen Unternehmenswert zu ermitteln. Dabei stellt man Substanz- und Ertragswert ins Verhältnis zueinander.

 

Ist der Substanzwert größer als der Ertragswert, spricht man von einem negativen Firmenwert bzw. einem unrentablen Unternehmen. Aus der Sicht eines Käufers ist die Übernahme eines solchen Unternehmens nicht profitabel. Es erwirtschaftet im Verhältnis zum investierten Kapital zukünftig zu wenig Gewinn. Liegt der Ertragswert über dem Substanzwert, spricht man von einem positiven Firmenwert. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass sich das eingesetzte Kapital zukünftig so verzinst, dass die Übernahme eines Unternehmens profitabel ist.

 

Der Substanzwert stellt aus Sicht des Verkäufers häufig die untere Grenze des Preises dar, den er für sein Unternehmen akzeptieren würde. Hat das Unternehmen einen hohen Anteil an eigenen Immobilien, kann der Substanzwert den Ertragswert übersteigen, obwohl die zukünftige Gewinnerwartung positiv ist. In diesen Einzelfällen müssen weitere Parameter hinzugezogen werden, um beispielsweise eine Kaufentscheidung zu treffen.

 

Geschichte des Substanzwertes

 

SubstanzwertBereits 1946 befasste sich der Schweizer Betriebswirt Karl Käfer in seinen Ausführungen mit der Thematik der Unternehmensbewertung. Im weiteren Verlauf beschäftigten sich auch deutsche Betriebswirte wie Hans Münstermann oder Günter Sieben mit der Unternehmensbewertung. Günter Sieben promovierte 1961 mit dem Titel „Der Substanzwert – Ein Beitrag zur Lehre der Bewertung der Unternehmung“ und brachte 1963 ein weiteres Grundlagenwerk zu dieser Thematik heraus. Bei einem Großteil der Autoren hat sich der Substanzwert als Ausdruck des Reproduktionswertes durchgesetzt.

Der Reproduktionswert gibt an, welche Kosten nötig wären, um das Unternehmen in dem aktuellen Zustand auf der grünen Wiese nachzubauen bzw. wiederherzustellen. Einen ersten Hinweis darauf, dass auch die zukünftige Entwicklung eines Unternehmens bei der Bewertung berücksichtigt werden muss, lieferte 1958 Karl Hax. Der ehemalige Rektor der Universität Frankfurt sagte, dass der Zukunftserfolgswert der einzig „wahre Wert der Unternehmung“ sei.

 

Auch heute ist die Theorie der Unternehmensbewertung weiterhin sehr umstritten und es gibt nicht den einen, allgemein gültigen Wert eines Unternehmens. Je nach Verfahren und Methode kann man für dasselbe Unternehmen sehr unterschiedliche Bewertungen ermitteln. Auch die verschiedenen Sichtweisen von Käufer und Verkäufer spielen dabei eine wichtige Rolle. Dabei wird in erster Linie zwischen Preis und Wert unterschieden. Je nach Verhandlungsgeschick der Parteien ist es möglich, einen Kaufpreis zu erzielen, der deutlich über oder unter dem ermittelten Wert des Unternehmens liegt.

 

Der Substanzwert kritisch betrachtet

 

Die Kritik am Substanzwert besteht im Wesentlichen darin, dass man den Wert der immateriellen Vermögenswerte nicht eindeutig erfassen kann. Die Bewertung dieser Punkte unterliegt vor allem der Sicht des Käufers oder Verkäufers. Ein professionelles Bewertungsgutachten umfasst daher immer mehrere Verfahren der Unternehmensbewertung, bei dem der Substanzwert nur einen Teil darstellt.

Eine relevante Bedeutung hat der Substanzwert dann, wenn man ihn als Teil einer gesamten Bewertung betrachtet und ins Verhältnis zu anderen Parametern setzt.

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