Wie ist der Verschuldungsgrad definiert?

Wie ist der Verschuldungsgrad definiert?

Wenn es darum geht, das Verhältnis zwischen Eigenkapital und Fremdkapital genau zu bezeichnen, spricht man vom sogenannten Verschuldungsgrad. Er wird prozentual dargestellt und erlaubt Rückschlüsse darauf, welchen finanziellen Spielraum der Unternehmer hat. Besonders für Anleger hat der Grad der Verschuldung eine hohe Bedeutung. Außerdem ist er für Kreditgeber und für all jene, die eine Übernahme des Unternehmens planen, ebenfalls sehr wichtig.

 

Die Berechnung des Verschuldungsgrades im Detail

 

Die Höhe des Verschuldungsgrades lässt Aussagen zu, wie stabil ein Unternehmen bezüglich der Finanzen aufgestellt ist. Wer sich als Aktionär für ein Unternehmen interessiert, zieht diesen Verschuldungsgrad in seine Kaufentscheidung ein. Auch bei Übernahmen von Unternehmen wird dem Verschuldungsgrad eine hohe Bedeutung zugemessen. Jedes Unternehmen, das verkauft werden soll, stellt diese Daten den Interessenten zur Verfügung. Von ihnen wird abgeleitet, wie wertvoll das Unternehmen ist und ob ein Kauf zur ausgelobten Summe lohnt oder nicht.

 

Betrachtet man den Verschuldungsgrad von der mathematischen Seite, dann entspricht sie dem Quotienten aus dem Fremdkapital im Unternehmen und dem Eigenkapital. Das Ergebnis daraus multipliziert man mit 100. Dargestellt wird das Ergebnis als Prozentzahl.

 

Fremdkapital und Eigenkapital abgrenzen

 

VerschuldungsgradUm eine exakte Berechnung dieser Kennzahl zu ermöglichen, muss eine genaue Definition der unterschiedlichen Positionen erfolgen. Das ist oftmals eine Herausforderung. Besonders dann, wenn man Fremdkapital und auch Eigenkapital exakt voneinander abgrenzen muss. Beim Eigenkapital wird nämlich nicht nur Barvermögen hinzugezogen. Eigenkapital umfasst unter anderem alle finanziellen Mittel, die im Unternehmensvermögen vorhanden sind.

 

Man zieht davon lediglich Schulden und Verbindlichkeiten ab. Ein großer Teil des im Unternehmen befindlichen Eigenkapitals besteht unter anderem aus Mitteln, die die Eigentümer des Unternehmens eingebracht haben. Ein anderer Teil besteht aus Mitteln, die als reiner Gewinn nach dem Verkauf im Unternehmen verbleiben.

 

Als Fremdkapital hingegen beziffert man vor allen Dingen Schulden, Beteiligungen und auch Verbindlichkeiten.

 

Ein Beispiel dazu wäre:
Wenn man davon ausgeht, dass ein Unternehmen ein Eigenkapital von 500.000 EUR hat und dieses mit einem Fremdkapital in Höhe von 1.000.000 EUR aufstockt, um investieren zu können, würde sich der Verschuldungsgrad bei 200% bewegen.

 

Geht man von einer Eigenkapitalquote aus, die sich innerhalb von Deutschland bei etwa 20% bis 25% bewegt, hat man einen Verschuldungsgrad, der im Schnitt zwischen 300% und 400% liegt.

 

So wird der Verschuldungsgrad überprüft

 

Man kann mehrere Ansätze nutzen, wenn es darum geht, Unternehmen bezüglich ihres Grades der Verschuldung zu testen. Wird bei einer Bank eine Kreditvergabe angefragt, dann nutzt diese für die Überprüfung dieser Kennzahl die Bilanz des Unternehmens. Bevor ein Unternehmen frisches Fremdkapital anfragen kann, ermitteln die Geldgeber das Kreditausfallrisiko.

 

Die Bilanzen ermöglichen eine gute Bonitätsprüfung und bieten dafür unter anderem eine sehr aussagekräftige Gewinn- und Verlustrechnung. Dafür wird als Grundlage zuerst die Eigenkapitalquote des Unternehmens ermittelt, um im Gegenzug einschätzen zu können, wie hoch das Kreditrisiko ist.

 

Verschuldungsgrad – Anwendungsbereiche und Aussagekraft

 

Die Ermittlung des Verschuldungsgrades wird in unterschiedlichsten Einsatzbereichen und Anwendungen genutzt. Einerseits lässt sich diese Kennzahl immer aus der Bilanz eines Unternehmens ermitteln. Allerdings ist es in vielen Fällen wichtig, über die Bilanz hinaus zu schauen, um die Aussagekraft der Kennzahl noch deutlich zu erhöhen. Wer als Käufer, Aktionär, Kreditgeber oder auch als Staat einen festen Anhaltspunkt für eine Aktion mit dem Unternehmen sucht, wird den Verschuldungsgrad immer als Kennzahl und somit als Ausgangspunkt für seine Entscheidungen nutzen.

 

Soll beispielsweise ein Unternehmen verkauft werden, dann muss der Unternehmenswert für die Interessenten bestimmt werden. Der Unternehmenswert zeigt, wie viel ein Unternehmen wert ist. Jedem Kaufinteressenten ist wichtig, dass er ein Unternehmen nicht zu einem überteuerten Wert kauft.

 

Sicherlich kann ein Unternehmen eine Marke darstellen, die von sich aus schon eine starke Deckkraft hat. Aber auch das Fremdkapital und damit die Schulden, das Eigenkapital, die Maschinen, Mitarbeiter, die Zukunft des Unternehmens, die Position am Markt und viele andere Aspekte sind wichtig, um einschätzen zu können, welchen Wert das Unternehmen hat und wie viel Geld man für dieses Unternehmen bezahlen muss, wenn man es kaufen möchte.

 

Ablauf einer Kreditaufnahme

 

Will ein Unternehmen Fremdkapital aufnehmen, dann wendet es sich an einen Kreditgeber, der das Unternehmen ebenfalls komplett durchleuchtet. Für jede Bank, jede Sparkasse oder auch privaten Kreditgeber ist die Bonität der wichtigste Anhaltspunkt bei einer Entscheidung darüber, ob man Fremdkapital und somit Schulden ins Unternehmen trägt oder nicht.

 

Gleiches gilt für Banken, die an Privatperson Geld verleihen. Auch dort wird über die Bonität geprüft, wie hoch der Verschuldungsgrad der Privatperson ist, die Geld leihen möchte. Ist der Grad sehr hoch, steigt das Ausfallrisiko und die Zinsen steigen. Bis zu einem gewissen Punkt, an dem der Geldgeber sagt, dass kein Fremdkapital, kein Kredit und keine Schulden aufgenommen werden können.

 

Verschiedene Blickwinkel

 

VerschuldungsgradBetrachtet man diese Kennzahl aus der Perspektive von Aktionären, dann wollen diese wissen, wie das Unternehmen mit Fremdkapital umgeht. Welche Verschuldung liegt im Unternehmen vor und wie kann man diese Verschuldung mit vorhandenem Eigenkapital abdecken? Liegt ein hoher Verschuldungsgrad vor, besteht ein hohes Ausfallrisiko, was zu einer hohen Insolvenzwahrscheinlichkeit führt.

 

Außerdem ist eine hohe Verschuldung auch immer mit Ausfällen im Bereich der Dividendenzahlung verbunden. Wer also Aktien von einem Unternehmen halten möchte, sollte sich im Vorfeld immer informieren, wie das Unternehmen aufgestellt ist.

 

Betrachtet man diese Kennzahl auf volkswirtschaftlicher Basis und bewertet man mit dem Verschuldungsgrad den Wert eines Staates, dann muss man berücksichtigen, dass Staaten in erster Linie an gesetzliche Auflagen gebunden sind. Sie haben Regeln, was die Höhe des Verschuldungsgrades betrifft.

 

Innerhalb der EU sind Mitgliedstaaten darauf angewiesen, ein stabiles Wachstum zu haben. Die öffentliche Staatsverschuldung darf nicht höher als 60% des Bruttoinlandsproduktes betragen. Das Haushaltsdefizit begrenzt sich auf 3% des Bruttoinlandsprodukts.

 

Welche Wirkung hat ein hoher Verschuldungsgrad?

 

Es muss die Frage erlaubt sein, ob ein hoher Verschuldungsgrad von Hause aus schwieriger ist als ein niedriger Verschuldungsgrad. Es gibt einige Richtlinien, die besagen, dass sich diese Kennzahl nur in einem bestimmten Bereich bewegen sollte. Jedoch gibt es Abweichungen zwischen den unterschiedlichen Branchen. Versicherungen und Banken haben einen anderen Grad an Verschuldung als beispielsweise ein Bekleidungsunternehmen.

 

Um ein Beispiel zu nennen: In vielen Fällen liegt der Verschuldungsgrad bei Versicherungsunternehmen in einem vierstelligen Bereich. Wenn man beispielsweise die Allianz betrachtet und schaut, dass im Jahr 2016 der Verschuldungsgrad bei 1150% lag, wird man schnell feststellen, dass dieser Wert bei Unternehmen aus der Bekleidungsbranche nicht vorstellbar ist. Deshalb muss man immer dafür sorgen, dass man diese Kennzahl auch im Kontext richtig einordnet.

 

Bei einer Versicherung hängt die hohe Verschuldung mit dem hohen Fremdkapital zusammen. Die Versicherungsunternehmen erwirtschaften ihr Kapital nicht selbst. Es stammt von Dritten. Nämlich von den Versicherten. Gleiches gilt für Banken. Auch Banken arbeiten mit dem Kapital Dritter. Nämlich mit dem Kapital ihrer Bankkunden. Die Banken selbst erarbeiten das Kapital nicht.

 

Wenn man aber im Gegenzug ein Unternehmen wie ein Bekleidungsunternehmen betrachtet, dann erarbeitet dieses Unternehmen sein Kapital selbst. Es stellt Bekleidung her, die es verkauft und dafür Geld bekommt. Der Verschuldungsgrad bei einem Bekleidungsunternehmen ist daher völlig anders anzusehen als bei einer bei Versicherung oder einer Bank.

 

Wie kann der Verschuldungsgrad reduziert werden?

 

VerschuldungsgradEs gibt Aktiengesellschaften, die von einer hohen Verschuldung profitieren und es gibt Aktiengesellschaften, bei denen es wichtig ist, dass sie eine möglichst geringe Verschuldungsquote haben. Börsennotierte Unternehmen, die relativ groß sind, können ihr Fremdkapital erhöhen und daraus einen Vorteil ziehen. Denn Investitionen können sich so besser kontrollieren lassen. Je mehr Fremdkapital zum Einsatz kommt, umso verantwortungsbewusster muss das Unternehmen gegenüber seinen Aktionären und den Kreditgebern handeln.

 

Besteht nur ein geringer Verschuldungsgrad, bekommt man bessere Konditionen als andere Unternehmen, wenn man Fremdkapital aufnehmen will. Außerdem ist das Risiko für eine Insolvenz deutlich geringer. Muss man Investitionen innerhalb des Unternehmens tätigen, kann man diese in vielen Fällen aus dem Eigenkapital ziehen. Eine Investition muss deshalb weniger kostspielig sein.

 

Will man den Verschuldungsgrad reduzieren, dann gilt es, die vorhandenen Schulden möglichst schnell zurückzuzahlen. Je schneller eine Kreditschuld getilgt wird, umso schneller reduziert sich die Kennzahl und umso stabiler präsentiert sich das Unternehmen. Auch hier gilt zu beachten, dass man dies von Branche zu Branche unterschiedlich bewerten muss.

 

Wichtig ist immer, dass das Unternehmen gesund ist. Egal in welcher Branche es tätig ist. Es muss sich stabil am Markt präsentieren können und muss alle Voraussetzungen haben, um mit der Konkurrenz mithalten zu können. Nur dann ist die Höhe des Verschuldungsgrades weniger relevant als bei Unternehmen, die hart auf Kante gestrickt sind und bei denen ein hohes Risiko besteht.

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