Lobbyismus – Gratwanderung zwischen nützlich und anrüchig

Lobbyismus

Lobbyismus – Gratwanderung zwischen nützlich und anrüchig

Lobbyismus ist so alt wie die Politik. Seit jeher versuchen Einzelpersonen und Interessenverbänden politische Entscheidungen in ihrem Sinne zu beeinflussen. Nicht immer sind die eingesetzten Mittel dabei legal. Bis heute sind Lobbyisten und Interessenvertretungen fester Bestandteil des politischen Alltags weltweit. Ihr Ruf ist jedoch nicht der Beste.

 

Was ist Lobbyismus?

 

Lobbyismus bezeichnet die Einflussnahme auf politische Entscheidungen oder die öffentliche Meinung durch Vertreter von Interessenverbänden. Verbände, die Lobbyismus betreiben, sind beispielsweise Umweltschutzorganisationen, Wirtschaftsverbände, Sozialverbände, Gewerkschaften und Arbeitnehmerverbände. Als Lobbyist wird eine Person bezeichnet, welche die Lobbyarbeit im Auftrag von Dritten durchführt.

 

Woher hat der Lobbyismus seinen Namen?

 

Eine oft erzählte Anekdote zur Herkunft des Begriffs Lobbying oder Lobbyismus besagt, dass der frühere US-Präsident Ulysses S. Grant diesen Begriff prägte. Präsident Grant beschrieb damit die Tätigkeit von Personen, welche regelmäßig die Lobby seines Hotels aufsuchten, um ihm Getränke zu spendieren. Dadurch erhofften sich die Lobbyisten, Einfluss auf seine politischen Entscheidungen nehmen zu können.

 

Tatsächlich ist aber nur gesichert, dass der Begriff auf den englischen Begriff für Lobby für die Vorhalle eines Plenarsaals basiert. Je nachdem, welche Historiker sich hierzu äußern, kann es sich dabei um die Lobby des britischen Unterhauses oder die Lobby des US-amerikanischen Kongresses handeln. Am weitesten zurück recht die Verbindung zur „lobia“ des römischen Senats.

 

LobbyismusIn diesen Lobbys, den Vorräumen der Macht, haben die Vertreter unterschiedliche Interessengruppen ihre Abgeordneten mit Informationen zu bestimmten Themen versorgt. Nicht selten haben sie die Volksvertreter wohl auch daran erinnert, dass sie je nach Verhalten bei einem bestimmten Thema abgewählt oder wiedergewählt werden können. Die Vor- und Nachteile eines bestimmten Verhaltens haben ihnen die Lobbyisten mehr oder weniger unverblümt dargelegt.

 

Der Sinn und Zweck des Lobbyismus knüpft an das Antichambrieren, den Versuch der Einflussnahme im Vorzimmer der Herrschaft an. Ebenso wird die Tätigkeit von Lobbyisten mit dem von Hofschranzen und Günstlingen an Adelshöfen verglichen. Mit ihrem typischen, schon immer abwertend beurteilten Verhaltensweisen wie beispielsweise Gefallsucht, Heucheleien und Schmeicheleien haben diese Personenkreise versucht, Einfluss auf das Verhalten der Gunstgeber zu nehmen. Dabei ging es fast ausschließlich um den eigenen Vorteil. Diese negative Einstellung zur versuchten Einflussnahme hat sich auf den Lobbyismus übertragen und bis heute erhalten.

 

Wer sind die Akteure im Lobbyismus?

 

An der Lobbyarbeit beteiligen sich viele verschiedene Gruppen. Überproportional stark vertreten sind Wirtschaftsverbände. Beispielsweise der VDA (Verband der Automobilindustrie) Dieser Verband hat rund 600 Mitglieder. Eine ebenfalls starke Lobby haben Arbeitgeber über die Arbeitgeberverbände, die Gewerkschaften und Landwirte. Einflussreich aufgrund ihrer personellen und finanziellen Ausstattung sind auch Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace, NABU oder der WWF (World Wildlife Fund). Hinzu kommen zahlreiche kleinere Interessenvertretungen von mittelständischen Unternehmen, kommunalen Organisationen sowie Glaubensgemeinschaften.

 

Wie funktioniert Lobbyismus?

 

Gesetze werden in der Bundesrepublik von den Abgeordneten des Bundestags beschlossen. Die politisch Handelnden verfügen jedoch nur selten über das für eine Entscheidungsfindung erforderliche Wissen. Sie sind in der Regel auf die Erfahrungen und das Wissen von externen Experten angewiesen. Die Informationen, die Politiker von Interessenverbänden erhalten, bilden daher häufig die Grundlage für ihre Entscheidung. Sie können wichtige politische Entscheidungen erleichtern und beschleunigen.

 

Im Idealfall werden dabei die Interessen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen berücksichtigt. Beispielsweise der Industrie und von Umweltschatzverbänden. Darüber hinaus können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ministerien und Behörden auf das unabhängige Fachwissen eines eigenen wissenschaftlichen Dienst zurückgreifen.

 

Lobbyisten versuchen auf verschiedenen Wegen, Einfluss auf politische Entscheidungen im Allgemeinen und bei Gesetzen im Speziellen zu nehmen. Hierzu gehören Einzelgespräche mit Entscheidungsträgern und Abgeordneten der verschiedenen Fraktionen. Auch Zusammenkünfte von Parlamentariern mit den Auftraggebern der Lobbyisten gehören zum Alltagsgeschäft im Lobbyismus.

 

Ein Beispiel hierfür sind die immer wieder stattfindenden Gesprächsrunden im Kanzleramt mit den Vertretern der Automobilindustrie bei einem sogenannten Autogipfel. Bei diesem Treffen geht es, soweit bekannt wurde, bisher weniger um die Übermittlung von Informationen als vielmehr um die Verhinderung von strengeren Abgasnormen in der EU.

 

Beeinflussung der öffentlichen Meinung

 

Die Beeinflussung der öffentlichen Meinung über die Medien ist ebenfalls ein Teil der Lobbyarbeit. Jüngstes Beispiel ist die Kampagne der von den Arbeitgeberverbänden finanzierten Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Die INSM hat eine Anzeigenkampagne veröffentlicht, welche die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock als Moses mit Verbotstafeln darstellt. Die Überschrift der Anzeige lautete „Annalena und die zehn Verbote“.

 

Diese Anzeige wurde in vielen großen deutschen Zeitungen, darunter die FAZ und die Süddeutsche Zeitung sowie in Online-Medien veröffentlicht. Sie sollte die Kanzlerkandidatin und die Partei der Grünen als Verbotspartei darstellen. Der Zweck war, die Wähler zu beeinflussen und zu verhindern, das sie bei der nächsten Bundestagswahl für die Grünen stimmen. Allerdings stellte sich bei näherer Betrachtung heraus, dass neun dieser angeblichen Verbote nicht der Partei Die Grünen zu gerechnet werden können.

 

Lobbyismus – Hinwendung zur EU

 

In den vergangenen Jahren hat sich der Fokus der Lobbyisten zunehmend auf die gesetzgeberischen Vorhaben in Brüssel gerichtet. Ein Beispiel hierfür sind die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA. Während der Verhandlungen zwischen den USA und der Europäischen Union wurde im Februar 2015 eine außerparlamentarische Konferenz abgehalten.

 

Bei dieser Konferenz diskutierten die auf Seiten der EU tätigen Verhandler mit Wirtschaftsvertretern über die Zukunft des Abkommens. Außergewöhnlich war, dass die Wirtschaftsvertreter bis zu 10.000 Euro dafür an die Organisatoren bezahlt hatten, um sich mit Ihren Redebeiträgen bei denen Gehör zu verschaffen, die bei TTIP die Richtung bestimmen.

 

Die dem Lobbyismus kritisch gegenüberstehende Nichtregierungsorganisation LobbyControl nannte dies ein zumindest fragwürdiges Geschäftsmodell der OrganisatorenLobbyControl kritisiert, dass sich Wirtschaftsvertreter Kontakte zu politischen Entscheidungsträgern kaufen können. Und, dass Entscheidungsträger auf der anderen Seite Kontakte verkaufen.

 

Nicht zuletzt wegen solcher Ereignisse sind die Lager der Befürworter und Kritiker des Lobbyismus in den vergangenen Jahren immer weiter auseinandergerückt.

 

Lobbyismus ist wichtig für die politische Entscheidungsfindung – sagen die Befürworter

 

Die Befürworter des Lobbyismus sehen die Tätigkeit der Interessenverbände und Lobbyisten zu Unrecht in ein schlechtes Licht gerückt. In der Öffentlichkeit würde die Tätigkeit einer starken Lobby oft als anrüchig und verwerflich wahrgenommen. Ganze Branchen wie die Pharmaindustrie würden oft als geldgierige Unternehmen dargestellt, die ihre hohen Gewinne auf dem Rücken der Patienten erwirtschaften. Vergessen würde dabei, dass diese Unternehmen viel Geld in die Forschung und Entwicklung investieren.

 

Auf der anderen Seite würden ebenfalls mächtige Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace in der Öffentlichkeit nicht als Lobbyisten wahrgenommen. Dies, obwohl auch NGOs über sehr professionelle Interessenvertreter versuchen, auf die Politik Einfluss zu nehmen. Die Befürworter des Lobbyismus sehen es als wichtig an, dass ein Ausgleich zwischen solch unterschiedlichen Interessengruppen geschaffen werden kann.

 

Unternehmen sind auf gesetzliche Rahmenbedingungen angewiesen, die ihnen ein profitables Wirtschaften ermöglichen. Umweltschutzorganisationen wiederum sind wichtig, um die Umwelt zu schützen. Generell bemängeln die Befürworter, dass nicht wertgeschätzt wird, was die Wirtschaft für Menschen und die Gesellschaft leistet. Sie sagen, dass die politischen Entscheidungsträger auf einen Dialog mit unterschiedlichen Interessenvertretungen angewiesen sind.

 

Nur so können alle Standpunkte beleuchtet und in die Entscheidung mit einbezogen werden. Lobbyismus sei wichtig, um vor politischen Entscheidungen Veränderungen in der Wirtschaft und Industrie zu erfassen. Auf dieser Grundlage könnten beispielsweise Entscheidungen getroffen werden, die helfen, neue Arbeitsplätze schaffen und bestehende erhalten.

 

Lobbyismus schadet der Demokratie – sagen die Kritiker

 

Ohne Lobbyismus geht es nicht, sagen die Befürworter. Die Kritiker entgegnen, dass Lobbyismus zwar einen berechtigten Platz in der Politik hat, jedoch deutlich transparenter sein muss und klaren Regeln folgen sollte. Als Negativbeispiel wird oft die unter dem Namen Mövenpick-Steuer bekannt gewordene Steuerermäßigung für das Hotelgewerbe aus dem Jahr 2010 genannt.

 

Sie wurde nach Ansicht der Kritiker nicht beschlossen, weil sie von den Politikern als sinnvoll erachtet wurde. Vielmehr sei eine hartnäckige Lobbyarbeit einer Handvoll Hotelbesitzer und eine Parteispende in einer siebenstelligen Höhe an die FDP ausschlaggebend gewesen. Das fatale Signal sei, so die Kritiker, dass die Politik als käuflich und letztendlich auch als erpressbar dastehe. Wer würde schon eine Politik gegen die Interessen der größten Spender machen?

 

Entscheidend für eine lebendige und funktionierende Demokratie sei, dass alle Positionen gehört und bei der Entscheidungsfindung der Politiker berücksichtigt würden. Mittlerweile ist es nach Meinung der Kritiker so, dass letztendlich nur die zu den politisch Handelnden durchdringen, die sich es sich leisten können. Anders ausgedrückt, wer genügend Geld hat, kann sich politische Entscheidungen in seinem Sinne ganz einfach kaufen.

 

Politischen Einfluss hat nur, wer es sich leisten kann

 

LobbyismusNur Großkonzernen und einflussreichen Verbänden mit einem personell gut besetzten Stab von Lobbyisten und einer üppigen finanziellen Ausstattung stehen heute die Türen zu den Entscheidungsträgern in der Politik offen. Dagegen würden kleine Unternehmen, Mittelständler und viel Nichtregierungsorganisationen kaum gehört. Dabei sind es gerade diese Gruppen, die oft sehr gegenteilige Meinungen zur Industrie und mächtigen Organisationen vertreten. Sie erhalten jedoch kaum einen Termin mit einem Politiker, der einen Einfluss auf die Gesetzgebung habe.

 

Die Kritiker des Lobbyismus in seiner jetzigen Form fordern daher schon lange, dass ein zentrales Lobbyregister eingerichtet wird. Das Register soll offenlegen, wer sich für welche Themen einsetzt, welches Budget zur Verfügung steht und mit welchen Politikern gesprochen wird. In Deutschland wird erst im kommenden Jahr ein Lobbyregister eingeführt.

 

Lobbyregister in Deutschland

 

Am 25.03.2021 hat der Deutsche Bundestag ein Lobbyregister-Gesetz beschlossen. Auf Grundlage dieses Gesetzes erhält die Bundesrepublik ab Anfang 2022 ein Lobbyregister auf Bundesebene. Dieser Entscheidung vorausgegangen war nach jahrelangen Diskussionen eine Einigung der Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD.

 

Bisher gibt es in der Bundesrepublik Deutschland nur eine 1972 eingeführte öffentlich einsehbare Liste. In dieser Liste sind die beim Bundestag registrierten Verbände und deren Vertreter verzeichnet. Der Präsidenten oder die Präsidentin des Deutschen Bundestages führt diese Liste. Veröffentlicht wird die amtliche Fassung im Bundesanzeiger. Eine ständig aktualisierte Fassung mit einem Umfang von aktuell fast 900 Seiten ist über das Internetangebot des Deutschen Bundestages abrufbar.

 

Bei dieser Liste handelt es sich jedoch nicht, wie fälschlicherweise oft angenommen wird, um ein Lobbyregister. Die Liste enthält keine Unternehmen, keine einzelnen Lobbyisten oder Lobby-Agenturen und Lobby-Kanzleien. Ebenso sind keine Informationen über die bearbeiteten Themen, das Budget der einzelnen Verbände oder die Namen der Lobbyisten enthalten. Offiziell lautet die Bezeichnung daher Lobbyliste. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass eine Eintragung in die Liste freiwillig ist.

 

Lobbyregister in Deutschland auf Länderebene

 

Von den 16 Bundesländern in Deutschland hat bisher nur Sachsen-Anhalt ein Lobbyregister. Es wurde im Jahr 2015 eingeführt. Man kritisiert auch hier, dass die enthaltenen Informationen nur eine geringe Aussagekraft besitzen und der Eintrag freiwillig ist. Im Unterschied zur Liste auf Bundesebene können sich jedoch auch einzelne Lobbyisten und Unternehmen in das Register eintragen.

 

Lobbyregister der EU

 

Im Jahr 2008 hat die EU erstmals ein Lobbyregister eingerichtet. Zunächst wurden in dieses Register nur Organisation und Unternehmen aufgenommen, deren Themen die Europäische Kommission betrafen. Erst drei Jahre später, 2011, wurde das ursprüngliche EU-Lobbyregister zum sogenannten EU-Transparenzregister ausgeweitet. Im Zuge der Erweiterungen wurden Interessenvertretungen des Europäischen Parlaments ebenfalls aufgenommen.

 

Die Registrierung im europäischen Transparenzregister ist bis heute freiwillig. Mit einem umfangreichen Anreizsystem aus Vergünstigungen für die Registrierung und Verboten bei einer Nicht-Registrierung soll eine möglichst vollständige Eintragung alle Lobbyisten in der EU erreicht werden. Allerdings hat sich mittlerweile gezeigt, dass dieses Anreizsystem eine gesetzliche Verpflichtung zur Eintragung nicht ersetzen kann. Hinzu kommt, dass es nur wenige Möglichkeiten gibt, die Eintragungen zu überprüfen und gegebenenfalls falsche Angaben zu sanktionieren.

 

Zahl der in der EU registrierten Lobbyisten

 

Am 16.06.2021 waren im EU-Transparenzregister 12.638 Organisationen registriert. Darunter:

 

6.780 – sogenannte In-House-Lobbyisten wie Gewerbe-, Wirtschafts- und Berufsverbände
3.450 – Nichtregierungsorganisationen (NGOs)
935 – Forschungs- und Hochschuleinrichtungen sowie Denkfabriken (Think Tanks)
866 – BeratungsfirmenLobby-Anwaltskanzleien und selbstständige Berater
554 – Vertreter lokaler, regionaler und kommunaler Behörden und anderer öffentlicher Einrichtungen
53 – Vertretungen von Kirchen und Religionsgemeinschaften

 

Dies sind nur die offiziell im EU-Transparenzregister eingetragenen Organisationen und Unternehmen. Einzelne Lobbyisten und Lobbyistinnen werden im EU-Transparenzregister bisher nicht erfasstLobbyControl schätzt, dass insgesamt rund 25.000 Lobbyisten und Lobby-Organisationen in Brüssel aktiv sind. Es wird vermutet, dass diesen Organisationen und Einzelpersonen ein Jahresbudget von insgesamt rund 1,5 Milliarden Euro für ihre Lobbyarbeit zur Verfügung steht.

 

Code of Conduct der EU für Lobbyisten

 

Die 2014 geschlossene interinstitutionellen Vereinbarung über das Transparenzregister der EU enthält in Anhang 3 einen Verhaltenskodex (Code of Conduct). Der Code of Conduct legt Regeln für alle Personen fest, dies sich ins EU-Transparenzregister eintragen. Hierbei handelt es sich um grundlegende Verhaltensstandards in allen Beziehungen zu den Organen der EU.

 

Beispielsweise sollen Interessenvertreter angeben, für welche Organisationen sie arbeiten oder wen sie vertreten. Ebenso erwartet man, dass sie Ihre Interessen und Ziele ihrer Arbeit angeben. Alle Interessenvertreter verpflichten sich, keine Falschangaben zu machen, EU-Beamte nicht in die Irre zu führen oder Dokumente, die sie von EU-Institutionen erhalten, an Dritte weiterzugeben oder zu verkaufen. Interessenvertreter sollen sich zudem strikt an die einschlägige Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments halten.

 

Sanktionen bei einer Missachtung des Code of Conduct, die über den Entzug des Zugangsausweises hinausgehen, sind aber nicht vorgesehen. Ein solcher Verhaltenskodex ist für das deutsche Lobbyregister bis jetzt nicht geplant.

 

Kritik am EU-Transparenzregister

 

Einer der wichtigsten Kritikpunkte am aktuellen EU-Transparenzregister ist, dass die Verbindlichkeit fehlt. Grund hierfür ist eine fehlende juristische Grundlage. Der Versuch, eine solche Grundlage zu schaffen, ist bislang an der dafür erforderlichen Einstimmigkeit des Ministerrates gescheitert. Dies hat zur Folge, dass nach wie vor nicht alle Interessenvertreter registriert sind und bei einer Nicht-Registrierung keine Sanktionen zu befürchten sind.

 

Mangelnde Datenqualität

 

Bereits 2015 hat Transparency International ermittelt, dass rund die Hälfte aller im EU-Transparenzregister gemachten Angaben fehlerhaft sind. Laut Transparency International sind diese fehlerhaften Angaben zum Teil bewusst erfolgt, um eine Offenlegung der tatsächlichen Verhältnisse zu vermeiden.

 

Eingeschränkter Anwendungsbereich

 

Seit Anfang 2021 werden auch die Interessenvertretungen beim Rat der EU in das Register mit einbezogen. Jedoch lediglich für die Treffen mit den Generaldirektoren und Generalsekretären erfolgt ein Eintrag. Diese haben jedoch keinen Einfluss auf die politischen Entscheidungen. Mit der Einbeziehung des Rates der EU in das Transparenzregister sind lediglich die Botschafterinnen des Mitgliedstaates, welches gerade die 6-monatige Ratspräsidentschaft innehat, dazu verpflichtet, sich nur mit registrierten Lobbyisten zu treffen. Weitere Kritikpunkte beziehen sich darauf, dass unvollständige und falsche Einträge praktisch nicht sanktionierbar sind. Das bedeutet, Unternehmen und andere Lobbyisten können trotz Verstößen Ihre Lobbyarbeit weiterbetreiben.

 

Lobbyismus und der Drehtür-Effekt

 

Der sogenannte Drehtüreffekt ist einer der Gründe, warum Lobbyarbeit bis heute oft als anrüchig und verwerflich angesehen wird. Drehtüreffekt bedeutet, dass Politiker zum Teil noch während einer Legislaturperiode meist aber am Ende ihrer politischen Karriere die Seiten wechseln. Wer während seiner politischen Tätigkeit in einer einflussreichen Position gearbeitet hat, hat anschließend gute Chancen, eine gut dotierten Posten bei der Bahn, bei Automobilherstellern oder anderen Industrieunternehmen zu erhalten.

 

Ein Beispiel hierfür ist Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla von der CDU. Pofalla wechselte direkt aus dem Kanzleramt als Lobbyist zur Deutschen Bahn. Dieser Wechsel wurde zunächst nicht öffentlich bekannt. Nach Bekanntwerden wurden jedoch kritische Stimmen dahingehend laut, ein einzelner Konzern verschaffe sich auf Kosten des Gemeinwohls einen unredlichen Vorteil.

 

Ronald Pofalla ist nicht der einzige, der diesen Weg gegangen ist. Eines der bekanntesten Beispiele ist Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Nach dem Ende seiner Kanzlerschaft wechselte der SPD-Politiker zum russischen Gazprom Konzern. Der fade Beigeschmack bei diesem Wechsel war, dass sich Gerhard Schröder als Kanzler zuvor zusammen mit Russlands Präsident Wladimir Putin für das Projekt einer Erdgaspipeline durch die Ostsee engagiert hatte. Gazprom ist mit einem Anteil von 51 % größter Anteilseigner dieser Pipeline.

 

Aus der Wirtschaft in die Politik und wieder zurück

 

Im Lobbyismus ist die Drehtür in beide Richtungen durchlässig. Nicht wenige Politiker haben in ihrer Karriere mehr als einmal die Seiten gewechselt. Zum Beispiel Gerald HennenhöferHennenhöfer ist in seiner Karriere zunächst Generalbevollmächtigter für die Wirtschaftspolitik des ehemaligen Atomkonzerns VIAG, der heutigen E.ON gewesen. Danach wurde er von 1994 bis 1998 Leiter für die Abteilung Reaktorsicherheit im Bundesumweltministerium.

 

Anschließend kehrte er zur E.ON zurück und übernahm die Verhandlungsführung zwischen der damaligen rot-grünen Bundesregierung und dem E.ON Konzern über den Atomausstieg. Nach dem erfolgreichen Abschluss dieser Verhandlungen im Sinne seines Arbeitgebers wechselte Hennenhöfer wieder in die Politik und wurde Abteilungsleiter im Umweltministerium.

 

Solche wechselhaften Drehtür-Karrieren sind jedoch die Ausnahme. Sie gelten daher im Prinzip nicht als Problem. Als problematisch sehen die Kritiker des derzeitigen Lobbyismus, dass einige Lobby-Gruppen finanziell gut ausgestattet sind und andere nicht. Finanzstarke Lobbyisten können Politikern attraktive Positionen anbieten, während dies Organisationen mit einer bescheideneren finanziellen Ausstattung nicht möglich ist.

 

Karenzzeiten für wechselwillige Politiker

 

Generell schaden diese Wechsel aus Sicht vieler dem Ansehen der Politiker im Allgemeinen und dem Vertrauen in die Demokratie. Daher wurden im Jahr 2015 vom Bundestag ein Gesetz über eine Sperrzeit für Politiker verabschiedet.
Seit 2015 Uhr müssen Kabinettsmitglieder und Staatssekretäre eine Sperrzeit von 18 Monaten einhalten, bevor sie von der Politik in die Wirtschaft wechseln können.

 

Diese Forderung haben Organisationen wie LobbyControl oder Transparency Deutschland bereits vor vielen Jahre gestellt. Nach Meinung dieser Organisation sollte die Karenzzeit sogar mindestens 3 Jahre betragen. Beamte müssen schon seit einigen Jahren 5 Jahre warten, bevor sie wechseln dürfen.

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