Globalisierung

Globalisierung

Das Wort „Globalisierung“ steht für einen weltweit aktiven Prozess. Dieser führt zu einer zunehmenden Verknüpfung insbesondere von politischen und wirtschaftlichen Systemen und Gesellschaften führt.

 

Als wichtigste Ursache für Globalisierungsprozesse wird der technische Fortschritt gesehen. Neue Entwicklungen vor allem im Bereich Transportwesen und Telekommunikation machen die Globalisierung erst möglich bzw. beschleunigen sie. Eine prominente Rolle kommt dabei der Entwicklung des Internets und der Zunahme des Luftverkehrs zu. Auch die Gründung von internationalen Institutionen (beispielsweise die Vereinten Nationen und die NATO) und die Liberalisierung des Welthandels trugen ab Mitte des 20. Jahrhunderts massiv zu der Entwicklung dabei.

 

Die Entdeckung neuer Seerouten und der Kolonialismus von europäischen Ländern wird als Vorläufer der Globalisierung gesehen. Dabei wurden wertvolle Rohstoffe (teils mit Gewalt) erworben, über den See- oder Landweg nach Europa gebracht und ganz neue Fernhandelsrouten geschaffen. Nach der Dekolonisation und dem Fall des Eisernen Vorhangs erlebte der Globalisierungsprozess einen weiteren Schub.

 

Die drei Globalisierungsphasen

 

GlobalisierungHistoriker verorten den Beginn der Globalisierung meist im frühen 16. Jahrhundert, als der Europäer erstmalig den amerikanischen Kontinent wirtschaftlich erschlossen. Für Sozialwissenschaftler hingegen ist die Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg der Startpunkt moderner Globalisierungsprozesse. In dieser Zeit wurden erstmalig Kompetenzen von nationalen Regierungen an internationale Institutionen übertragen.

 

In der ersten Globalisierungsphase erzeugte der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg eine deutlich steigende Nachfrage nach modernen Konsumgütern, insbesondere aus den USA. Warenaustausch war dank der Erfindung des Containerschiffs in den frühen 50er Jahren zum ersten Mal auch über Kontinente hinweg im großen Stil möglich.

 

In den 70er und 80er Jahren erreichte, ausgehend von den USA, neoliberale Wirtschaftspolitik mit den damit verbundenen Öffnungen der Märkte eine weltweite Verbreitung. Darauffolgend begannen US-amerikanische Unternehmen, Rohstoffe für ihre Produkte möglichst billig weltweit zu schöpfen bzw. in Ländern mit geringen Lohnkosten zu produzieren.

 

Phase drei (Beginn der 90er Jahre bis ca. 2010) ist die Phase der sogenannten Globalisierung. Global tätige Unternehmen beginnen zunehmend, Schwellenländer mit gezielt für sie entwickelten Produkten anzusprechen, um ihren Umsatz zu erhöhen. Eine zunehmende Anzahl von Produkten wird heute in diesen Ländern selbst entwickelt, die mittlerweile auch Märkte in den Industrieländern erreichen.

 

Globaler Handel und internationale Organisationen

 

Vom Globalisierungsprozess sind nahezu alle Bereiche unseres Lebens betroffen: Politik, Wirtschaft, Kommunikation, Kultur und Umwelt. Insbesondere der globale Handel hat unsere Lebensweise in den letzten 60 Jahren massiv verändert. Durch Freihandelsabkommen werden heute knapp 20-mal so viele Waren weltweit gehandelt wie 1960.

 

Wir können heute aus einer riesigen Auswahl von Produkten aus aller Welt wählen, die zudem relativ günstig sind. Durch moderne Kommunikations– und Transportmöglichkeiten verbreiten sich Trends und Innovationen rasend schnell auf dem Globus. Jedoch ist gleichermaßen die ganze Welt schnell betroffen, wenn beispielsweise eine neue Finanzkrise ausbricht.

 

Durch die Globalisierung entstehen ein wirtschaftlicher Standortwettbewerb zwischen einzelnen Staaten und andere Probleme, sodass zwischenstaatlichen Organisationen eine wichtige Vermittlerrolle zukommt. Zu den bedeutsamsten Institutionen in diesem Bereich zählen die Vereinten Nationen (UNO) und die Welthandelsorganisation (WTO).

 

Globale Produktion und Finanzzentren

 

Insbesondere große Konzerne richten ihre Tätigkeiten so aus, dass sie die Möglichkeiten der Globalisierung optimal zu ihrem Vorteil nutzen können. Hierbei geschehen Entwicklung, Rohstoffförderung, Produktion und Verkauf häufig jeweils in völlig verschiedenen Regionen der Welt. So findet heute rund ein Drittel des gesamten grenzüberschreitenden Handels zwischen Mutter- und Tochterunternehmen statt, die zum gleichen multinationalen Unternehmen gehören.

 

Durch die enge weltweite Vernetzung wird die globalisierte Welt immer komplexer. Da viele Unternehmen global tätig sind, ist es ein kompliziertes Unterfangen, die Steuer auf ihre Gewinne zu berechnen. Neben den Finanzzentren gibt es deshalb auch sogenannte „Steueroasen“: Staaten werben mit geringen Steuern, um Unternehmen anzulocken, damit diese sich (häufig rein formell) in ihnen niederlassen.

 

Zu den wichtigsten Treibern der Globalisierung zählen außerdem Finanzunternehmen, da sich dank des Internets riesige Geldbeträge in Sekundenschnelle weltweit verschieben lassen. Dem Handel mit Finanzprodukten sind so kaum Grenzen gesetzt und die Finanzbranche wächst kontinuierlich. 1980 war das Volumen der Realwirtschaft noch doppelt so hoch wie das des Finanzsektors, heute ist die Finanzbranche rund 4-mal so groß wie die Realwirtschaft.

 

Folgen für Kultur und Sprache

 

Die globale Vernetzung wirkt sich auch stark auf die Kultur weltweit aus. In früheren Zeiten exportierte man kulturelle Ausdrucksformen kaum über Ländergrenzen hinaus. Durch die unaufhaltsame Ausbreitung des Internets findet heute dahingegen ein unablässiger Kulturaustausch statt. Dieser geschieht in einer deutlich schnelleren Geschwindigkeit, als dies über ältere Medien wie Kino, Fernsehen und Radio je möglich gewesen wäre.

 

Die Kultur in verschiedenen Ländern und Regionen der Welt kann sich auf vielfältige Weise verändern. So verbreiten sich zusammen mit den weltweit dominierenden Unternehmen vor allem die westliche Kultur besonders stark und verdrängen die lokalen Kulturen zum Teil. Andererseits finden auch Ideen aus den Kulturen ferner Länder Verbreitung in westlichen Gesellschaften, sodass es zu einem beidseitigen internationalen Kulturaustausch kommt.

 

Auch die Sprache verändert sich aufgrund der Globalisierung. Die Wirtschaftssprache Englisch wird mittlerweile weltweit gesprochen und ist besonders wichtig für den Austausch zwischen Menschen aus verschiedenen Kulturen. Nicht nur Unternehmen geben ihren Produkten englische Namen, die Sprache hält auch weltweit Einzug in die Alltagssprache. So werden für manche Dinge selbstverständlich ausschließlich englische Ausdrücke verwendet, oder es kommt zu einer Mischung aus Englisch und der lokalen Sprache (z.B. „Denglisch„).

 

Vor- und Nachteile der Globalisierung

Innovation und Wissenstransfer

 

Die Welt ist näher zusammengewachsen und spannende Ideen verbreiten sich dank des Internets rasend schnell. Aufgrund der internationalen Konkurrenz gibt es einen weltweiten Wettbewerb um die besten Innovationen. Somit entwickelt sich unsere Technologie zurzeit schneller weiter als je zuvor.

 

Das Internet ist darüber hinaus ein Ort, in dem man Wissen im Handumdrehen mit der ganzen Welt teilen kann. So ist es möglich, sich auch zu sehr speziellen Themen zu informieren oder mit anderen Menschen weltweit in Austausch zu treten. Gleichermaßen ist die Wissenschaftsgemeinschaft in einem immerwährenden internationalen Austausch, um ihre Forschung immer weiter zu verbessern.

 

Neben innovativen Ideen und neuem Wissen werden aber auch Fake News und Verschwörungstheorien seit der Globalisierung rasend schnell verbreitet. Dadurch ist die heutige Zeit nicht nur eine des Wissens, sondern auch der Missinformation. Auch Wahlen kann man so problemlos vom Ausland aus beeinflussen oder manipulieren.

 

Wohlstand und Arbeitsplätze

 

Heutzutage können nahezu alle Länder an einer globalisierten Wirtschaft teilnehmen und ihre Produkte und Dienstleistungen in alle Welt verkaufen. Zwar können dadurch auch in Entwicklungsländern neue Arbeitsplätze entstehen, es besteht jedoch die Gefahr des sogenannten „Lohndumpings“. Unternehmen aus Industrieländern produzieren aufgrund der geringen Lohnkosten und der laschen Umwelt- und Arbeitsschutzgesetze häufig sehr kostengünstig in Fernost. Vom erzielten Gewinn kommt dagegen nur ein winziger Bruchteil bei den Menschen an, die das Produkt hergestellt haben.

 

Durch technische und wirtschaftliche Vorteile ist es für Entwicklungsländer sehr schwierig, sich aus ihrer Lage zu befreien. Sie werden häufig nur als „Billiglohnländer“ gesehen, in die sich eine Investition nur lohnt, solange die Lohnkosten niedrig sind. Die Arbeitsbedingungen sind daher meist schlecht, teilweise wird nicht gegen Kinderarbeit vorgegangen. Gewinne für Unternehmen und günstige Preise für westliche Konsumenten werden so auf dem Rücken der Arbeiter ausgetragen.

 

Das größere Angebot von günstigen Konsumgütern hat eine weitere Kehrseite. Wenn die Produktion in anderen Ländern günstiger ist, können lokale Arbeitsplätze verloren gehen, wenn man die Produktion auslagert („Outsourcing“). Die Staaten und Arbeitnehmer des vorherigen Produktionsstandorts sind die Verlierer dieses Prozesses.

 

Mobilität und Umwelt

 

Eine freizügige Welt wie die heutige wäre noch in den 1980er Jahren unvorstellbar gewesen. Dank der Globalisierung ist es auch für Privatpersonen möglich, kostengünstig und mit wenig Aufwand die ganze Welt zu entdecken. Insbesondere der Preis von Flügen ist in den letzten Jahren sehr stark gesunken.

 

Auch diese neue Freizügigkeit hat eine Kehrseite, da der weltweite Ausstoß von CO2, insbesondere der von Unternehmen, immer weiter steigt. Dank der geringen Transportkosten kann es sich für Unternehmen lohnen, Rohstoffeinkauf, Produktion und Verkauf eines Produkts über die ganze Welt zu verteilen. So kann es vorkommen, dass ein T-Shirt bis zum Verkauf eine Strecke von 30.000 km zurückgelegt hat – mit einer entsprechenden CO2-Bilanz.

 

Ebenso stellt die Produktion selbst ein Problem für die Umwelt dar. So wird die Umweltbelastung der Produktion von vielen Unternehmen in ein Land mit geringeren Umweltstandards ausgelagert. Das liegt daran, dass es wirtschaftlicher ist, billig in fernen Ländern zu produzieren, anstatt in eine umweltfreundlichere lokale Produktion zu investieren.

 

Globale Konkurrenz

 

Aufgrund der Globalisierung stehen nicht nur Ideen, sondern auch Unternehmen in einem weltweiten Wettbewerb. Große Unternehmen können davon meist profitieren, während es für kleine Firmen zunehmend schwerer wird, in diesem Wettbewerb zu bestehen. So kommt es zum Aufkauf und Sterben von kleinen und mittelgroßen Unternehmen und zum Entstehen von riesigen multinationalen Konzernen.

 

Insbesondere für Entwicklungsländer ist dies ein Problem. Ihre Unternehmen können gegen multinationale Firmen aus dem reichen Ausland kaum ankommen. Die Staaten erheben daher beispielsweise hohe Zölle, um ihre lokale Wirtschaft vor der starken Konkurrenz aus dem Ausland zu schützen. Andererseits sind auch Schwellenländer darauf angewiesen, am Weltmarkt teilzunehmen, was sie in eine schwierige Lage bringt.

 

Kultur und Konflikte

 

Die Globalisierung macht es möglich, dass wir mit Menschen aus aller Welt in Kontakt treten können, um in einen Wissens- oder Kulturaustausch zu treten. Es ist so normal, dass wir Essen aus anderen Kulturen oder Musik aus fernen Ländern hören. Dadurch entstehen auch schnell neue Trends, die sich weltweit verbreiten können.

 

Heute ist es uns wie nie zuvor möglich, Menschen mit einer anderen Muttersprache, Herkunft oder Religion zu verstehen. Wir können direkt mit ihnen kommunizieren. Jedoch gibt es heute auch viele internationale Konflikte, insbesondere auf politischer und auf wirtschaftlicher Ebene. Diese waren vor der Globalisierung meist eher regional beschränkt gewesen.

 

Manche Forscher befürchten außerdem, dass es durch die Globalisierung zum Verlust von ganzen Kulturen kommen könnte. Insbesondere aufgrund des starken Einflusses des Westens könnten so lokale Traditionen oder Ernährungsweisen nach und nach verdrängt werden.

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