Bürgschaft

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Bürgschaft

Bei einer Bürgschaft verpflichtet sich ein Bürge die Schulden eines Hauptschuldners zu übernehmen, falls dieser seine Zahlungen nicht nachkommen kann. Die Bürgschaft ist ein rechtsgültiger Vertrag, welcher Pflichten aber auch einige Rechte mit sich bringt. Lesen Sie hier, was eine Bürgschaft ist, für wen es sich lohnt und welche Besonderheiten eine Bürgschaftserklärung aufweist.

 

Was ist eigentlich eine Bürgschaft?

 

Der Begriff Bürgschaft ist Ihnen sicherlich schon das ein oder andere Mal untergekommen. Für jemand anderen bürgen – dieser Satz klingt irgendwie vertraut. Doch was bedeutet Bürgschaft nun konkret? Vereinfacht ausgedrückt, bedeutet es, dass sich ein Bürge verpflichtet, für einen Schuldner einzustehen, falls dieser seine Schulden beim Gläubiger nicht bezahlen kann bzw. ausfällt.

 

Eine Person erklärt sich also dazu bereit, die Verbindlichkeiten des Hauptschuldners zu übernehmen, falls dieser seine Schulden nicht mehr begleichen kann. Die Bürgschaft erfolgt zunächst über den Gesamtbetrag. Der Bürge haftet jedoch auch für den Restbetrag, falls der Hauptschuldner nach mehreren Teilzahlungen ausfällt. In vielen Fällen übernehmen Eltern oder Verwandte Bürgschaften, damit jüngere Familienmitglieder sich mit Hilfe eines Kredits eine Existenz aufbauen können.

 

Rechtliche Definition von Bürgschaft

 

BürgschaftBei Bürgschaften handelt es sich um rechtsgültige Verträge, welche neben Schuldner und Gläubiger eine weitere Partei umfassen, die für den Schuldner einstehen, wenn dieser ausfällt. Durch den § 765 ff. BGB und den § 349 f. HGB sind die Rechte und Pflichten der Bürgschaftsparteien geregelt. Diese Art des Finanzierungsvertrages gehört zu den Personalsicherheiten. Auch Kaufleute können Bürgschaften abschließen.

 

In der Regel verpflichtet sich der Bürge auch dazu, im Notfall mit seinem gesamten Vermögen zu haften. Eine Bürgschaft ist generell einseitig verpflichtend. Das bedeutet konkret: Ausschließlich der Bürge geht eine vertragliche Pflicht ein, indem er zusagt die Schulden des Schuldners zu begleichen, wenn dieser nicht (mehr) bezahlen kann.

 

Typisches Beispiel für eine Bürgschaft

 

Bei privat beschlossenen Bürgschaften handelt es sich meistens um das Bürgen eines älteren Familienmitglieds für ein Jüngeres. Typisch ist dieser Fall: Nicole ist 24 Jahre alt, gerade mit dem Studium fertig geworden und verfügt über ein eigenes Einkommen. Sie möchte sich eine Eigentumswohnung kaufen und dafür einen Kredit aufnehmen.

 

Da sie zwar über ein eigenes Einkommen verfügt, aber noch keine Sicherheiten vorweisen kann und damit keine hohe Reputation bei Banken genießt, bürgen ihre Eltern für die Kreditaufnahme. So kann sich Nicole die Eigentumswohnung leisten oder andere wichtige Anschaffungen tätigen. Sie begleicht die Teilzahlungen mit ihrem Einkommen, wodurch sie sich letztlich eigene Sicherheiten (Besitz der Eigentumswohnung) schafft.

 

Würde Nicole aus einem bestimmten Grund (z.B. Verlust des Arbeitsplatzes) ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können, stehen die Bürgen (ihre Eltern) für sie finanziell ein. Fällt Nicole nach einigen Teilzahlungen aus und eine Zahlungsanpassung kann nicht vereinbart werden, müssen die Eltern den Restbetrag begleichen. Da Nicoles Eltern jedoch absolut überzeugt davon sind, dass Nicole die Rückzahlung vollständig selbst abzahlen kann, übernehmen sie die Bürgschaft.

 

Formale Anforderungen Bürgschaften

 

Rechtlich wird zwischen einer Bürgschaft unter Kaufleuten und unter Privatpersonen unterschieden. Handelt es sich um privat beschlossene Bürgschaften, muss der Vertrag nach § 766 BGB schriftlich aufgesetzt sein und bestimmte Sachverhalte müssen klar benannt werden. Wenn die Bürgschaftserklärung nicht in schriftlicher Form vorhanden ist und relevante Sachverhalte nicht geklärt sind, ist der Vertrag nach § 125 BGB nichtig. Nur Bürgschaften, die unter Kaufleuten beschlossen wurden, können mündlich erteilt werden (laut §§ 343, 350 HGB). Diese Angaben sind in der Bürgschaftserklärung zwingend erforderlich:

 

  • Name des Gläubiger & Name des Schuldners
  • Höhe der verbürgten Darlehensschuld
  • Benennung der Hauptschuld

 

Welche Voraussetzungen muss ein Bürge erfüllen?

 

Eine Bürgschaft ist nur dann gültig, wenn der Bürge bestimmte Voraussetzungen aufweist. Ansonsten gilt der Vertrag als sittenwidrig. Grundsätzlich kann jede natürliche Person ab 18 Jahren, also bei Volljährigkeit, eine Bürgschaft übernehmen. Allerdings muss hierbei auf die Wahrung der Verhältnismäßigkeit geachtet werden. Der Bürge muss eine gute Bonität aufweisen. Trifft einer der folgenden Fälle zu, gelten Bürgschaften als ungültig und stark sittenwidrig:

 

  1. Der Bürge ist zwar volljährig, verfügt aber noch nicht über ausreichende Geschäftserfahrungen.
  2. Der Bürge wird durch die Bürgschaft wirtschaftlich stark überfordert.
  3. Die Bürgschaft kam nur aufgrund einer starken emotionalen Bindung zustande.
  4. Die emotionale Situation des Bürgen wurde durch den Hauptschuldnern für seine Zwecke ausgenutzt.

 

Gerade wenn es um emotionale Erpressung geht, ist die Ungültigkeit bzwSittenwidrigkeit des Vertrags leider schwer nachzuweisen. Gläubiger hinterfragen nämlich nur selten, wie eine Bürgschaft zusammengekommen ist.

 

Es gibt jedoch eine Ausnahme bezüglich sittenwidriger Bürgschaften: Ehepartner dürfen jederzeit füreinander Bürge einstehen, auch wenn die Schuld zu einer wirtschaftlichen Überforderung des Bürgen führen würde oder die Bürgschaft rein aufgrund emotionaler Bindung zustande gekommen ist. Allerdings ist die Voraussetzung für die Ehegattenbürgschaft ebenfalls ausreichend Geschäftserfahrung, um das gesamte Ausmaß des Bürgschaftsverhältnisses abschätzen zu können.

 

Welche Unterlagen müssen für eine Bürgschaft vorgelegt werden?

 

  • Kopie des Ausweises (Reisepass oder Personalausweis)
  • ausgefüllte Selbstauskunft zu finanziellen Verhältnissen
  • aktuelle Schufa-Auskunft
  • Verdienstnachweise der letzten drei Monate

 

Welche Rechte hat ein Bürge?

 

Selbst wenn ein Bürge sich dazu verpflichtet, die Schulden des Hauptschuldners zu übernehmen, wenn dieser seinen Zahlungsforderungen nicht mehr nachkommen kann, hat er dennoch auch gewisse Rechte. Über welche Rechte der Bürge verfügt, hängt jedoch stark von der Bürgschaftsart ab.

 

Hat der Bürge für den Hauptschuldner Forderungen getilgt, erwirbt er dadurch das Recht, gegenüber dem Hauptschuldner Ersatzansprüche geltend zu machen.

 

Je nach Bürgschaftsform hat der Bürge das Recht auf Einrede der Vorausklage. Das bedeutet, dass der Gläubiger zunächst alles versuchen muss, um die Forderungen beim Hauptschuldner einzufordern (auch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen), bevor der Bürge zur Zahlung verpflichtet wird. Mit den konkreten Bürgschaftsarten beschäftigen wir uns im nächsten Abschnitt.

 

Welche Arten von Bürgschaften gibt es?

 

Im Gesetz sind nur die folgenden Bürgschaften näher geregelt:

 

Mitbürgschaft

 

Bei dieser Art von Bürgschaftserklärung bürgen mehrere Personen einem Gläubiger für die gleiche Verbindlichkeit. Dies kann entweder gemeinschaftlich in einem Vertrag geregelt sein, jedoch auch unabhängig und ohne Wissen voneinander erfolgen. Egal ob die Mitbürgschaft gemeinschaftlich oder unabhängig voneinander erfolgt – die Bürgen haften dem Gläubiger immer als Gesamtschuldner. § 426 BGB gilt im Innenverhältnis zueinander, während die §§ 421-425 BGB im Außenverhältnis zum Gläubiger gelten.

 

Zeitbürgschaft

 

Bei dieser Art von Bürgschaftserklärung verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger nur für einen bestimmten Zeitraum. Nach Ablauf dieses Zeitraums ist der Bürge von seinen Pflichten befreit. Es sei denn, der Gläubiger betreibt unverzüglich die Einziehung der Forderung durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und macht sofort nach deren Beendigung dem Bürgen kenntlich, dass er ihn in Anspruch nimmt.

 

Selbstschuldnerische Bürgschaft

 

In diesem Fall ist die Einrede der Vorausklage ausgeschlossen. Der Gläubiger kann den Bürgen beanspruchen, ohne erst erfolglos Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Hauptschuldner unternommen zu haben.

 

Neben diesen 3 geregelten Bürgschaften, findet man in der Praxis auch häufig diese Bürgschaftsformen vor:

 

Kreditbürgschaft

 

Diese Bürgschaftsart bezieht sich auf ein laufendes Darlehen bzw. ein zu gewährendes Darlehen. Es kann sich auch auf Forderungen, die sich aus einer laufenden Rechnung ergeben, beziehen.

 

Teilbürgschaft

 

Bei einer Teilbürgschaft geht es um einen genau bestimmten Teil einer einheitlichen Forderung.

 

Nachbürgschaft

 

Der sogenannte Nachbürge tritt dafür ein, dass der Vorbürge seine Pflichten erfüllt. Ein Nachbürge ist quasi der Bürge des Bürgen. Kommt der Nachbürge den Forderungen des Gläubigers nach, gehen dessen Bürgschaftsansprüche gegenüber dem Vorbürgen und dessen Forderung gegenüber dem Hauptschuldner auf den Nachbürgen über.

 

Höchstbetragsbürgschaft

 

Die Höchstbetragsbürgschaft enthält eine betragsmäßige Grenze, bis zu jener der Bürge dem Gläubiger höchstens haften will.

 

Ausfallbürgschaft

 

Eine Ausfallbürgschaft kommt i.d.R. erst dann zum Tragen, wenn der Gläubiger alles unternommen hat, um seine Ansprüche gegen den Hauptschuldner geltend zu machen und auch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen versucht hat. Der Ausfallbürge soll schließlich für den endgültigen Ausfall der Hauptforderung einstehen.

 

Rückbürgschaft

 

Ein sogenannter Rückbürge steht entweder dem Nachbürgen für dessen Rückforderung gegen den Vorbürgen oder dem Erstbürgen für dessen Rückforderung gegen den Hauptschuldner ein.

 

Bürgschaft auf Erstes anfordern

 

Bei dieser Form muss der Bürge zunächst Zahlung leisten – ohne Rücksicht darauf, ob der Gläubiger berechtigt ist, den Bürgen zu beanspruchen. Das ist dann möglich, wenn der Gläubiger bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Einwände kann der Bürge erst nach getätigter Zahlung geltend machen. Dem Bürgen bleibt lediglich ein Rückforderungsanspruch über.

 

Prozessbürgschaft

 

Diese Bürgschaftsart soll Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verhindern.

 

Wie lange sind Bürgschaften gültig?

 

Sofern es sich nicht um eine Zeitbürgschaft handelt, die nach einem gewissen Zeitraum abläuft, gelten Bürgschaften als unbefristet. Sie erlischt erst ab dem Zeitpunkt, an dem die Schuld des Hauptschuldner beglichen wurde. Besteht die zu besichernde Forderung nicht oder nicht mehr, muss der Bürge auch nicht dafür haften. Ändert sich die Hauptschuld des aufgrund von Verzug oder Verschulden des Hauptschuldners, haftet der Bürge jedoch weiter.

 

Müssen Erben die Bürgschaft übernehmen?

 

Eine Bürgschaftserklärung läuft – entgegen der Erwartung vieler Betroffener – auch nach dem Tod des Bürgen weiter. Diejenigen, welche die Vermögenswerte des Bürgen erben, treten auch für dessen Verbindlichkeiten ein. Bürgschaften gehören also ebenfalls zum Nachlass einer Person. Stehen die Schulden immer noch aus oder hat sich die Forderung aufgrund von Verzug oder Verschulden des Hauptschuldners geändert, bleibt die Bürgschaft weiterhin aufrecht – auch wenn der Bürge bereits tot ist.

 

Die Erben übernehmen in diesem Fall den Bürgschaftsvertrag. Abhängig vom Inhalt des Bürgschaftsvertrags können Erben auch verpflichtet sein, für Verbindlichkeiten aufzukommen, die erst nach dem Erbfall entstehen. Wenn der Bürgschaftsvertrag dem Erben aus bestimmten Gründen nicht zugemutet werden kann, gibt es unter Berücksichtigung des Einzelfalls auch die Möglichkeit, die Verpflichtung zu kündigen.

 

Was geschieht, wenn der Bürge Insolvenz anmelden muss?

 

Natürlich kann es in der Praxis auch vorkommen, dass ein Bürge Insolvenz anmelden muss. In diesem Fall gibt es einiges zu beachten. Im ersten Schritt muss überprüft werden, ob die Einrede der Vorausklage erhoben werden kann oder ob es sich um eine selbstschuldnerische Bürgschaft handelt.

 

Wenn die Einrede der Vorausklage möglich ist, haftet der Bürge nach dem Hauptschuldner und der Gläubiger muss erst bei diesem die Zahlung einfordern. Erst wenn diese Beanspruchung erfolglos verlaufen ist, darf der Gläubiger den Bürgen zur Zahlung verpflichten – allerdings nur in Höhe des tatsächlichen Ausfalls. Aus der Insolvenzmasse erhält der Gläubiger somit eine Quote für den tatsächlichen Ausfallbetrag, nicht jedoch die Gesamtforderung.

 

Handelt es sich hingegen um selbstschuldnerische Bürgschaften, sieht sich die Sache etwas anders aus: Der Gläubiger kann seine Bürgschaftsforderung in der Insolvenz anmelden. Das nützt dem Gläubiger allerdings nicht, solange der Hauptschuldner nicht zahlen kann.

 

Sind Bürgschaften sinnvoll?

 

Sie wissen nun, was eine Bürgschaftserklärung ist, welche verschiedenen Formen es gibt, in welchen Fällen sie meist zur Anwendung kommt und welche Besonderheiten Bürgschaften aufweisen. Wenn Sie sich gerade überlegen, eine Bürgschaft für einen Verwandten oder eine Ihnen nahestehende Person zu übernehmen, sollten Sie sich Folgendes vor Augen halten: Übernehmen Sie die Bürgschaft nur dann, wenn sie vollständig davon überzeugt sind, dass der Hauptschuldner die Forderungen tatsächlich begleichen kann.

 

Eine Bürgschaft kann sinnvoll sein, wenn sich z.B. ihre Kinder oder andere jüngere Familienmitglieder eine Existenz aufbauen wollen. Sollten Sie nicht davon überzeugt sein, dass der Hauptschuldner die Schulden begleichen kann oder sollten Sie selbst in einer wirtschaftlich herausfordernden Lage stecken, ist die Übernahme von Bürgschaften jedoch nicht empfehlenswert. Ob Bürgschaften Sinn machen oder nicht, ist eine äußerst individuelle Angelegenheit, die sehr sorgfältig überlegt werden muss.

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