Was versteht man unter einem Börsengang?

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Was versteht man unter einem Börsengang?

Ein Börsengang oder Initial Public Offering (IPO) ist der Prozess, der zur Handelbarkeit einer Aktie Ihres Unternehmens an einer Wertpapierbörse führt. Ist eine Aktie erst einmal an der Börse gelistet, bildet sich ihr Kurs durch Angebot und Nachfrage. Zum einen entsteht der beträchtliche Aufwand für einen Börsengang dadurch, dass diese Preisbildung eben noch nicht stattgefunden hat und deshalb das Investoreninteresse und Ihre Vorstellungen über den Aktienpreis abgeglichen werden müssen. Zum anderen bestehen aber auch strenge regulatorische Vorschriften, die von der Börse eingefordert werden.

 

Zweck eines Börsengangs und seine Vorteile

 

Der Hauptgrund für einen Börsengang besteht wohl darin, dass Ihr Unternehmen durch die Ausgabe von Aktien sein Eigenkapital erhöhen kann. Diese Finanzierung ist eine Alternative für einen Bankkredit, wenn Ihr Unternehmen Möglichkeiten zum Wachstum wahrnehmen möchte. Für die Kontrolle über das Unternehmen ist eine einfache Mehrheit an Aktien ausreichend. Auch die Ausgabe von 50% weniger einer Aktie bedeutet also keinen Kontrollverlust für den Mehrheitsaktionär.

 

Ein weiterer Grund ist die höhere Bekanntheit, die Ihr Unternehmen mit einem Listing an einer Börse erzielt. Sie können mit einer Börsennotierung auch Beteiligungsprogramme für Ihre Mitarbeiter auflegen, die zur Motivation und zu einer stärkeren Bindung an die Firma führen. An Mitarbeiter können Sie dann sowohl Aktien selbst als auch Optionen auf diese ausgeben.

 

Voraussetzungen für einen Börsengang

 

Auf der Seite Ihres Unternehmens müssen Sie bereit sein, wesentlich mehr Transparenz zuzulassen und detaillierte Unternehmensdaten zu veröffentlichen. Das ist nachvollziehbar, denn Investoren sollen Ihnen Risikokapital anvertrauen und für die Entscheidung dazu benötigen sie Informationen über den Geschäftsgang und die finanzielle Lage Ihres Unternehmens. Diese Anforderungen können bedeuten, dass Sie Ihr Rechnungswesen und Ihre IT in wesentlichem Ausmaß umstellen müssen, was natürlich mit beträchtlichem Aufwand verbunden sein kann.

 

Ihr Unternehmen muss eine Aktiengesellschaft, eine Kommanditgesellschaft auf Aktien oder eine Europäische Aktiengesellschaft sein, um für ein Börsenlisting in Frage zu kommen. Die Börse selbst verlangt eine ganze Reihe von Zulassungsvoraussetzungen, ohne die ein Listing nicht in Frage kommt. Dazu können Bedingungen an die Größe Ihres Unternehmens kommen wie zum Beispiel die Mindestzahl an auszugebenden Aktien und Untergrenzen für deren zu erwartenden Gesamtwert.

 

Die Überprüfung der Börsenreife führt üblicherweise ein Team externer IPO-Berater durch. Sie analysieren Ihr Unternehmen, den Markt, Ihre Konkurrenz und auch die gerade vorherrschenden Börsentrends, von denen ein Erfolg eines Börsengangs ebenfalls stark abhängig ist. In diesem Zusammenhang muss man auch die Frage beantworten, an welchem Börsenplatz und in welchem Segment dieser Börse Sie ein Listing anstreben.

 

Was sollten Sie ganz am Anfang der Entscheidung zu einem Börsengang beachten?

 

Die wirtschaftliche Lage Ihres Unternehmens sollte so gut sein, dass kein kurzfristiger Einbruch des Aktienkurses in der näheren Zukunft vernünftigerweise zu erwarten ist. Das würde einen Vertrauensverlust bedeuten, der nur schwer wieder wettzumachen wäre. Auch an der Börse gilt, dass es nur eine Chance auf einen ersten Eindruck gibt.

 

Die Beauftragung von Emissionsbanken

 

Für einen Börsengang brauchen Sie Investmentbanken, die ihn begleiten und verschiedene Funktionen erfüllen. Zur Auswahl dieser Banken lassen Sie diese Angebote bezüglich ihrer Kosten und des angepeilten minimalen Emissionspreises Ihrer Aktien legen. Auf dieser Grundlage wählen Sie beziehungsweise alle Altaktionäre mehrere Banken aus und machen eine von ihnen zum Konsortialführer.

 

Erhebung der Daten Ihres Unternehmens

 

BörsengangDiese Erhebung führen Wirtschaftsprüfer durch. Die dafür anfallenden Kosten sind oft ein wesentlicher Teil der Gesamtkosten eines Börsengangs. Die Prüfer übernehmen damit aber auch eine Verantwortung, denn sie haften für die Richtigkeit der von ihnen erhobenen Informationen.

 

Aus diesen Daten wird der Börsenprospekt erstellt, der eine Voraussetzung für die Bewerbung um eine Zulassung an der Börse darstellt. Des Weiteren erstellen Finanzanalysten Research Reports mit dem Ziel, die wirtschaftliche Lage und die Chancen Ihres Unternehmens so detailliert wie möglich darzustellen. Diese Reports sind die Grundlage für die Eingrenzung des Emissonspreises, zu dem die Aktien Ihrer Firma zuerst angeboten werden.

 

Kommunikation mit Investoren

 

Für diese wird oft ein Investor-Relations Berater engagiert. Das Ziel dieser Kommunikation ist es, Ihr Unternehmen bekannter zu machen und Interesse bei Investoren zu wecken. Dafür erstellt man eine Pressemappe, schaltet Werbung und richtet eine entsprechende Internetseite ein.

 

Das Orderbuchverfahren

 

Als nächster Schritt wird in Kontakt mit großen Investoren die Spanne für den Emissionspreis weiter eingeengt. Interessierte Investoren haben dann innerhalb einer festgelegten Zeitspanne die Möglichkeit, ein Angebot innerhalb dieser Spanne zusammen mit der gewünschten Anzahl von Aktien zu legen.

 

Aufgrund dieser Gebote wird der Emissionspreis festgelegt, Investoren machen ein verbindliches Angebot und die Aktien werden ihnen zugeteilt. Kriterien für diese Zuteilung können neben finanziellen Aspekten auch frühere Geschäftsbeziehungen sein. Die Konsortialbanken erfüllen bei diesem Schritt die Rolle eines Underwriters. Sie garantieren also, nicht verkaufte Aktien zum Emissionspreis selbst zu übernehmen.

 

Der Börsengang und der weitere Verlauf

 

Nach all dieser Vorbereitung ist es Zeit für den ersten Handelstag Ihrer Aktie an der Börse. Der weitere Handel wird noch einige Zeit von einer damit beauftragten Bank betreut. Sie hat die Aufgabe, die Handelbarkeit Ihrer Aktien sicherzustellen.

 

Die Betreuung der Investoren liegt dann in den Händen des Vorstands der neu gelisteten Aktiengesellschaft. Je nach Größe hat eine Gesellschaft eine eigene Investor-Relations Abteilung oder lagert diese Dienstleistung aus.

 

Denken Sie daran, dass eine Aktie an der Börse ein Produkt ist, das sich in Konkurrenz zu anderen durchsetzen muss. Es ist also wichtig, Finanzanalysten zum Folgen Ihrer Aktie zu bringen und neue Investoren für Ihre Aktie zu interessieren. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass diese externen Partner sich besonders für das Ergebnis eines Börsengangs nach Ablauf eines Jahres interessieren.

 

Nachteile eines Börsengangs

 

Auch diese gibt es und sie sind der Grund, warum viele auch größere Unternehmen den Gang an die Börse scheuen.

 

Ein wesentlicher Nachteil ist die Verpflichtung zur Transparenz. Nicht alle Unternehmer wollen sich gleichsam in die Küche schauen lassen. Dazu kommen die Kosten für einen Börsengang, die sich zwischen 4 und 7 % des Emissionsvolumens bewegen. Diese Kosten fallen nur einmal an, ständig sind aber Aufwendungen für die Transparenzanforderungen und die Investorenbetreuung zu leisten. Diese Aufgaben erfordern sowohl Zeit als auch Geld.

 

Ein gravierender Nachteil eines Listings an der Börse ist auch der Umstand, dass langfristiges unternehmerisches Handeln schwieriger wird. Investoren und Finanzanalysten sind stark auf Quartalsergebnisse fokussiert. Es kann aber für ein Unternehmen sinnvoll sein, für eine Periode schlechtere kurzfristige Ergebnisse in Kauf zu nehmen, um langfristige Ziele umsetzen zu können. Das ist einfacher, wenn man nicht auf die Kurse an der Börse zu achten hat. Aus dieser Grund vermeiden oft gerade größere Familienbetriebe einen Börsengang.

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