Die AG – die große Schwester der GmbH

Die AG – die große Schwester der GmbH

Die AG wurde in Deutschland bis in die Mitte der 1990er-Jahre fast ausschließlich von großen Unternehmen als Rechtsform genutzt. Seit dem Erlass neuer und vereinfachter Gesetze ist die Aktiengesellschaft auch für kleine, wachstumsstarke Unternehmen mit einem hohen Kapitalbedarf eine interessante Alternative. In diesem Ratgeber erfahren Sie alles Wissenswerte über die AG.

 

Was ist eine AG?

 

Die Abkürzung AG steht für Aktiengesellschaft. Die Aktiengesellschaft ist eine Kapitalgesellschaft und juristische Person. In ihrer Eigenschaft als juristische Person besitzt die Aktiengesellschaft eine eigene Rechtspersönlichkeit. Sie kann wie eine natürliche Person das Eigentum und andere Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und selbst verklagt werden.

 

AGIm Gegensatz zu Personengesellschaften wie der OHG oder GbR ist die Existenz einer Aktiengesellschaft nicht von ihrem Mitgliederbestand abhängig. Die rechtlichen Grundlagen für die AG sind im Aktiengesetz (AktG) definiert. Die Gesellschafter einer AG werden als Aktionäre bezeichnet. Die Aktionäre sind mit einer Einlage auf das in Aktien aufgeteilte Grundkapital an der Aktiengesellschaft beteiligt.

 

Die Rechtsform der AG war ursprünglich auf Unternehmen mit einer hohen Anzahl von Anteilseignern zugeschnitten. Das deutsche Aktiengesetz von 1965 wurde erst 1994 mit dem Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des bis dahin sehr restriktiven Aktienrechts maßgeblich geändert. Mit diesen Änderungen wurde die Umwandlung einer GmbH in eine AG vereinfacht und für Unternehmen attraktiver, die sich an der Börse Kapital beschaffen wollten.

 

Gleichzeitig hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, eine Einpersonengesellschaft, die sogenannte Ein-Mann-AG, zu gründen. Auch die Regelungen zur Einberufung der Hauptversammlung sind im reformierten Aktiengesetz deutlich vereinfacht worden. Was sich nicht geändert hat, ist die Anzahl und Art der handelnden Organe einer Aktiengesellschaft.

 

Die Organe eine Aktiengesellschaft

 

Im Aktiengesetz sind für eine AG drei Organe vorgeschrieben. Zwingend erforderlich sind ein Vorstand, ein Aufsichtsrat und die Hauptversammlung. Die Einsetzung eines Beirates oder besonderer Ausschüsse ist möglich, aber nicht zwingend vorgeschrieben. Um sicherzustellen, dass die AG wie vorgesehen funktioniert, hat der Gesetzgeber die Aufgaben von Hauptversammlung, Vorstand und Aufsichtsrat im § 23 Abs. 5 AktG voneinander abgegrenzt.

 

Die Hauptversammlung einer AG

 

Die Hauptversammlung, abgekürzt HV ist das Organ der Aktionäre. Im Rahmen der Hauptversammlung üben die Aktionäre ihre Rechte aus. Die Hauptversammlung entscheidet beispielsweise über:

 

  • die Gewinnverwendung
  • die Wahl der Aufsichtsratmitglieder
  • die Entlastung des Vorstandes und des Aufsichtsrats
  • Satzungsänderungen
  • Maßnahmen zur Kapitalbeschaffung und Kapitalherabsetzung
  • die Auflösung der Gesellschaft (s. § 119 AktG)

 

Die Hauptversammlung muss einmal jährlich innerhalb von 8 Monaten nach dem Ende eines Geschäftsjahres einberufen werden. Diese vom Gesetzgeber verpflichtend vorgeschriebene Hauptversammlung wird als ordentliche Hauptversammlung bezeichnet. Darüber hinaus ist es möglich, bei Bedarf weitere sogenannte außerordentliche Hauptversammlungen einzuberufen.

 

Der Vorstand einer Aktiengesellschaft

 

Der Vorstand einer Aktiengesellschaft führt die Geschäfte der Gesellschaft gemäß den Bestimmungen in § 77 Aktiengesetz eigenverantwortlich. Er vertritt die Aktiengesellschaft im Außenverhältnis gerichtlich und außergerichtlich. Der Vorstand ist verantwortlich für die Erstellung des Jahresabschlusses der AG. Er kann aus einer oder mehreren Personen bestehen.

 

Mindestens zwei Personen sind vorgeschrieben, wenn die Aktiengesellschaft über ein Grundkapital von mehr als 3 Millionen Euro verfügt. Bei Gesellschaften mit mehr als 2.000 ständigen Beschäftigten muss der Vorstand ebenfalls mit zwei Personen besetzt sein. Die Mitgliedschaft im Vorstand einer AG ist auf 5 Jahre begrenzt. Jedes Vorstandsmitglied kann jedoch wiederholt in den Vorstand berufen werden. Allerdings darf die erneute Berufung frühestens ein Jahr vor dem Ende der letzten Amtszeit erfolgen.

 

AGWie der Vorstand zusammengesetzt ist, ist in der Satzung der Aktiengesellschaft geregelt. Wie viele Personen der Vorstand umfassen soll, muss in der Satzung nicht angegeben werden. Die Festlegung der Anzahl der Vorstandsmitglieder kann durch den Aufsichtsrat erfolgen. Die Berufung der Vorstandsmitglieder obliegt ausschließlich dem Aufsichtsrat. Grundsätzlich muss die Berufung der Vorstandsmitglieder und jede Änderung der Zusammensetzung des Vorstandes im Handelsregister eingetragen werden. Die gesetzlichen Regelungen zu den Aufgaben und Pflichten des Vorstandes einer Aktiengesellschaft sind in §§ 76-94 AktG definiert.

 

Die Vorstandsmitglieder unterliegen gemäß § 88 AktG einem Wettbewerbsverbot. Kein Mitglied des Vorstandes darf ohne Einwilligung des Aufsichtsrates eine Tätigkeit in einem anderen Unternehmen im Geschäftszweig der AG ausüben oder ein anderes Unternehmen des gleichen Geschäftszweiges betreiben. Verstößt ein Vorstandsmitglied gegen das Wettbewerbsverbot, ist es schadensersatzpflichtig.

 

Der Aufsichtsrat einer AG

 

Die wichtigsten Aufgaben des Aufsichtsrats einer AG sind die Überwachung des Vorstandes, die Berufung und gegebenenfalls Abberufung der Vorstandsmitglieder. Weitere Aufgaben sind die Prüfung des vom Vorstand erstellten Jahresabschlusses und die Berichterstattung an die Hauptversammlung zum abgelaufenen Geschäftsjahr. Der Aufsichtsrat einer AG muss mit mindestens 3 höchstens aber 21 Mitgliedern besetzt sein. Die Mitglieder des Aufsichtsrates werden von der Hauptversammlung gewählt.

 

Bei Gesellschaften mit bis zu 2.000 ständigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern muss ein Drittel des Aufsichtsrates mit Vertretern der Arbeitnehmer besetzt sein. Hat die Aktiengesellschaft mehr als 2.000 ständige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, so muss der Aufsichtsrat zur Hälfte mit Vertretern der Arbeitnehmerschaft besetzt sein. Bei neu gegründeten Aktiengesellschaften und AGs mit weniger als 500 Arbeitnehmern entfällt in der Regel diese verpflichtende Vertretung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat.

 

Die Gründung einer AG

 

Sie müssen bei der Gründung einer AG verschiedene im Aktiengesetz vorgegebene Formalitäten erfüllen. Die Gründung einer Aktiengesellschaft kann durch eine oder mehrere natürliche oder juristischen Personen erfolgen. Für die Gründung einer AG ist ein Mindestkapital von 50.000 Euro erforderlich. Der erste Schritt bei der Gründung einer Aktiengesellschaft ist die Feststellung einer Satzung. Die Satzung entspricht dem Gesellschaftsvertrag einer GmbH. In der Satzung werden unter anderem die folgenden Punkte festgelegt:

 

  • Firma der Gesellschaft
  • Geschäftssitz der Gesellschaft
  • Unternehmensgegenstand der Gesellschaft
  • Namen der Gründer
  • Höhe des Grundkapitals
  • Stückelung des Grundkapitals in Stückaktien oder Nennwertaktien
  • Ausgabeform der Aktien als Inhaber- und/oder Namensaktien
  • Zahl der Vorstandsmitglieder

 

Ein Notar muss die Satzung beurkunden. Alle Gründer müssen die Satzung vor dem Notar unterzeichnen. Die Gründer müssen den ersten Aufsichtsrat bestellen. Dieser beruft wiederum den ersten Vorstand. Zusätzlich müssen ein Gründungsbericht erstellt und eine Gründungsprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer erfolgen.

 

Die Gründer verpflichten sich zur Übernahme der Aktien, zur Einzahlung der Bareinlage oder Übertragung der Sacheinlagen für die Erbringung des Grundkapitals. Die Veranlassung und Überwachung dieser Einzahlung / Übertragung und die Anmeldung beim Registergericht sind die ersten Aufgaben des neuen Vorstandes. Das Registergericht vergibt eine HRA Nummer für das neue Unternehmen. Diese Nummer muss auf allen Geschäftspapieren angegeben werden. Nach der Eintragung ins Handelsregister muss die Aktiengesellschaft durch den Vorstand beim zuständigen Gewerbeamt und beim Finanzamt angemeldet werden.

 

Die verschiedenen Aktienarten

 

Ein wesentliches Merkmal einer AG ist, dass das Grundkapital in Aktien aufgeteilt ist. Mit einer Aktie erwirbt jeder Aktionär eine handelbare Beteiligung an diesem Grundkapital. Er ist im Nennwert der Aktie am Grundkapital beteiligt. Jede Aktie ist mit bestimmten Beteiligungsrechten verbunden. Je nach Art der Aktie können sich diese Rechte unterscheiden. Die verschiedenen Aktienarten im deutschen Aktienrecht sind:

 

  • Stammaktien
  • Vorzugsaktien
  • Stückaktien
  • Nennwertaktien
  • Inhaberaktien
  • Namensaktien
  • Vinkulierte Namensaktien

 

AGStammaktien

 

Stammaktien sind der Urtyp der Aktien. Mit Stammaktien erwerben Sie einen Anteil an der Aktiengesellschaft und erhalten ein Stimmrecht. Dieses Stimmrecht wird den Besitzern von Stammaktien in $ 12 des Aktiengesetzes eingeräumt.

 

Vorzugsaktien

 

Der grundsätzliche Unterschied zwischen einer Vorzugsaktie und einer Stammaktie besteht darin, dass eine Stammaktie mit einem Stimmrecht verbunden ist, die Vorzugsaktien aber nicht. Im Gegenzug erhalten die Inhaber von Vorzugsaktien eine höhere Dividende oder gegebenenfalls einen höheren Anteil am Liquiditätserlös der Gesellschaft. Durch die Ausgabe von Vorzugsaktien bleibt das Stimmrechtsverhältnis der Anteilseigner erhalten.

 

Stückaktien

 

Mit einer Stückaktie erwerben Aktionäre einen bestimmten prozentualen Anteil am Grundkapital einer Aktiengesellschaft. Auf Stückaktien ist kein Wert notiert. Angenommen, das Grundkapital einer AG in Höhe von 10.000.000 Euro wurde auf 1.000.000 Aktien aufgeteilt. Wenn sie 10.000 dieser Stückaktien besitzen, dann beträgt ihr Anteil am Grundkapital der AG 100.000 Euro oder 1 Prozent.

 

Nennwertaktien

 

Im Unterschied zu Stückaktien lauten Nennwertaktien auf einen festen Geldbetrag. Dieser Geldbetrag ist die Höhe des Anteils am Grundkapital der Aktiengesellschaft. Wie hoch der Eigentumsanteil eines Aktionärs durch seine Nennwertaktien ist, können Sie leicht berechnen. Durch Division der Summe der Nennwerte durch das Grundkapital der Aktiengesellschaft erhalten Sie den Eigentumsanteil.

 

AGInhaberaktien

 

Inhaberaktien lauten nicht auf einen bestimmten Namen. Sie sind einfach und formlos übertragbar. Der Inhaber ist berechtigt, die mit den Aktien verbundenen Rechte geltend zu machen. Da Inhaberaktien keine bestimmten Namen zugeordnet werden können, weiß die Aktiengesellschaft nicht, wer der Inhaber ist. Sie bleiben anonym.

 

Namensaktien

 

Wenn Sie Namensaktien erwerben, erfolgt grundsätzlich eine Eintragung in das Aktienregister des Unternehmens. Die Registrierung umfasst Ihren vollständigen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihre Adresse und die Anzahl der von ihnen gehaltenen Aktien. Für die Aktiengesellschaft haben Namensaktien den Vorteil, dass Sie zu jeder Zeit über ihre Aktionärsstruktur Bescheid wissen. Auch die Kontaktaufnahme zwischen AG und Aktionär wird durch Namensaktien erleichtert. Trotz der Registrierung können Sie Namensaktien zu jeder Zeit veräußern oder übertragen.

 

Vinkulierte Namensaktien

 

Vinkulierte Namensaktien sind eine Variante der Namensaktien. Vinkulieren bedeutet: „Das Recht der Übertragung eines Wertpapiers an die Genehmigung des Emittenten zu binden„. Um vinkulierte Namensaktien übertragen zu können, muss die Gesellschaft der Übertragung ausdrücklich zustimmen. Stehen der Übertragung wichtige Gründe entgegen, kann die Gesellschaft ein Vetorecht ausüben und die Übertragung der Aktien untersagen. Vinkulierte Namensaktien werden beispielsweise ausgegeben, um zu verhindern, dass Konkurrenten Aktionäre des eigenen Unternehmens werden und ein Mitspracherecht erhalten.

 

Haftung der AG und ihrer Aktionäre

 

Eine Aktiengesellschaft haftet gegenüber ihren Gläubigern nur mit ihrem Grundkapital. Das heißt, die Aktionäre haften nur mit dem von ihnen gehaltenen Anteil am Kapital für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Eine Haftung der Aktionäre mit ihrem persönlichen Vermögen ist in aller Regel ausgeschlossen. Nur in wenigen Ausnahmefällen können Gläubiger auf das private Vermögen der Anteilseigner zugreifen. Beispielsweise bei einer unzulässigen Vermischung von Privat- und Gesellschaftsvermögen.

 

Bilanzierung und Publizitätspflicht der AG

 

Aktiengesellschaften sind gemäß § 242 Abs. 1 und Abs. 2 HGB verpflichtet, einen Jahresabschluss aufzustellen. Hierfür ist der Vorstand verantwortlich. Der Jahresabschluss umfasst eine Bilanz, die Gewinn- und Verlust-Rechnung sowie einen Anhang. Ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft muss die Bilanz mittelgroßer und großer Aktiengesellschaften prüfen und testieren.

 

Je nach Umsatz und Mitarbeiterzahl müssen weitere Dokumente dem Jahresabschluss hinzugefügt werden. Zudem unterliegt die Aktiengesellschaft der Publizitätspflicht. Das heißt, der Jahresabschluss muss im Bundesanzeiger veröffentlicht werden.

 

Steuerliche Behandlung von Aktiengesellschaften

 

Eine AG ist wie andere Kapitalgesellschaften ein sogenanntes steuerpflichtiges Subjekt. Sie ist verpflichtet, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer zu bezahlen. Im Unterschied zu Einzelunternehmen und Personengesellschaften kann die AG jedoch keinen Freibetrag bei der Gewerbesteuer geltend machen. Auf Gewinne muss eine Aktiengesellschaft in Deutschland Körperschaftssteuer bezahlen.

 

Die an Aktionäre ausgeschütteten Gewinne werden von den Aktionären mit der Kapitalertragsteuer versteuert. Eventuelle Veräußerungsgewinne beim Verkauf von Aktien müssen die Anteilseigner unter bestimmten Voraussetzungen mit Ihrem individuellen Einkommensteuersatz versteuern.

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